Profitieren die USA vom Krieg?

Auch die USA verschärfen ihre Sanktionen gegen Russland weiter. Wirtschaftlich scheinen sie von der Situation zu profitieren, aber gilt das auch geostrategisch? Europas Presse analysiert die indirekten Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die internationale Stellung Washingtons.

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Financial Times (GB) /

Zwei Fliegen mit einer Klappe

Die USA profitieren sowohl wirtschaftlich als auch sicherheitspolitisch am meisten von den Folgen des Ukraine-Kriegs, analysiert Financial Times:

„Ab 2026 soll, wenn alles gut geht, verflüssigtes Erdgas [aus den USA] mit Tankern an die norddeutschen Küsten gelangen. ... Und diese Exporte sind noch ein vergleichsweise kleiner Gewinn. Wenn Deutschland sein jüngstes Versprechen einhält, in die Verteidigung zu investieren, sollten die USA in der Lage sein, mehr von der finanziellen und logistischen Last der Nato auf andere zu übertragen. Ein stärker an Amerika gebundenes und zugleich weniger belastendes Europa: Kein Henry Kissinger hätte jemals erreichen können, was der Kreml nun als Folge seiner Aktionen versehentlich schaffen wird.“

The Conversation (FR) /

Alternative Weltordnung kündigt sich an

Dass sich neben China auch traditionelle Verbündete Washingtons weigern, Moskau international zu isolieren, belegt den Machtverlust der USA, analysiert Politologin Lina Kennouche in The Conversation:

„Die Reaktionen zahlreicher Länder auf den Krieg in der Ukraine, insbesondere die der Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabiens, lassen die deutliche Schwächung der Soft Power der USA erkennen. Die USA schaffen es nicht mehr, ihre traditionellen Verbündeten zu mobilisieren, welche ihre Rolle als 'wohlwollender Hegemon' infrage stellen. Dieser Wandel ist offensichtlich ein klarer Indikator für die Entwicklung hin zu einer 'alternativen Weltordnung'.“

T24 (TR) /

Lösung für Syrien auf der langen Bank

Der Ukraine-Krieg mischt auch die Karten in Syrien neu, glaubt T24:

„Kurz vor dem Krieg standen die USA und der Iran bezüglich des Atomdeals vor einem Handschlag und man diskutierte, ob diese Annäherung für die Entwicklungen in Syrien genutzt werden können. Um es genauer zu erklären: nicht nur Ankara, auch manch andere internationale Akteure glauben, dass der Weg zu einer für alle Seiten lebenswerten Lösung in Syrien über eine Versöhnung der vier dominierenden Mächte Russland, Iran, USA und Türkei führt. ... Der Ukraine-Krieg hat den Verhandlungsprozess über Syrien, der zwischen Russland und den USA hinter verschlossenen Türen stattfand, nun torpediert.“