Tiktok: Verbote für Diensthandys mehren sich

Die aus China stammende Video- und Social-Media App Tiktok steht im Westen im Kreuzfeuer: Wegen Sicherheitsbedenken und fragwürdigem Datenschutz haben die EU-Kommission sowie die Regierungen der USAund Kanadas verfügt, dass sie von Diensthandys ihrer Mitarbeiter gelöscht werden muss. Weitere Länder ziehen gerade nach. Europas Presse sieht auch andere Probleme.

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Aftonbladet (SE) /

Kurzer Draht zu jungen Menschen

Die Gefahr, die von Tiktok ausgeht, ist für Aftonbladet deutlich - das Blatt sieht jedoch eine wichtige Funktion des Mediums:

„Für demokratisch gewählte Führungskräfte ist es nicht nur attraktiv, die Nutzer der App zu erreichen, sondern sogar wichtig. Parteipolitik ist nicht gerade dafür bekannt, junge Menschen anzuziehen. Und jetzt wird es Politikern verwehrt, dort zu sein, wo junge Menschen sind. Sicherheit muss ernst genommen werden. Abgeordnete dürfen keine möglicherweise sensiblen Informationen weitergeben, insbesondere nicht an chinesische Behörden. Aber das grundsätzliche Problem wird bleiben. Wie sollen junge Menschen in das demokratische Gespräch über die Zukunft aufgenommen werden?“

Kristeligt Dagblad (DK) /

Apps sollten Mindestanforderungen erfüllen

Nicht nur die EU-Kommission, sondern auch der dänische Cybersicherheitsrat und das Parlament warnen vor Tiktok oder verbieten es Mitarbeitern ganz. Kristeligt Dagbladet fordert zudem vorbeugende Maßnahmen:

„Allerdings ist es auch eine Zumutung, dass man als Privatperson den kryptisch formulierten und labyrinthischen Umgang mit Daten der Tech-Giganten durchschauen soll. Hier könnte man meinen, es sei eine zentrale Aufgabe beispielsweise der EU, Mindestanforderungen für jede App zu formulieren, die Nutzer in den EU-Staaten kapern will. Wer in der EU eine Waschmaschine verkaufen oder Käse produzieren will, muss sich an gewisse Regeln halten. Und das sollte auch für die Apps, die immer mehr unseren Alltag einnehmen, gelten.“

Libération (FR) /

Wachsendes Misstrauen gegenüber China

Das ist eine weitere Etappe in einem sich zuspitzenden Konflikt, warnt Libération:

„Die Tiktok-Affäre ist so besorgniserregend, weil sie veranschaulicht, dass das bereits seit einiger Zeit wahrnehmbare Erkalten der Beziehungen zwischen China und den westlichen Ländern sich nun in starke Spannung, ja sogar einen kalten Krieg verwandelt. Innerhalb weniger Wochen haben wir die Affäre um die chinesischen Ballons über den USA erlebt, die zur Absage eines Besuchs von US-Außenminister Antony Blinken in Peking führte, was wiederum die chinesische Regierung tief kränkte. Hinzu kommt das Gerücht über eine Annäherung zwischen China und Russland, die bis zu einer Lieferung chinesischer Waffen an Moskau reichen könnte. ... Und nun wird Tiktok angeprangert wie seinerzeit Huawei.“

Rzeczpospolita (PL) /

Keine Förderung dieser Internet-Droge!

Im laufenden Wahlkampf zeigen sich immer mehr polnische Politiker auf Tiktok. Rzeczpospolita ist in Sorge:

„Experten schlagen wegen der Risiken von Video-Apps, insbesondere von Tiktok, Alarm. Internetforscher warnen seit Langem, dass die Nutzung sozialer Medien durch Dopaminausschüttungen im Gehirn regelrecht süchtig machen kann. Die Wirkung der chinesischen App wird sogar ohne allzu große Übertreibung bisweilen mit harten Drogen verglichen. Ein längerer Gebrauch dieser App erschwert die Konzentration und das Lernen und führt zu nervlicher Anspannung. Tragen Politiker, indem sie auf Tiktok aktiv für sich werben, nicht dazu bei, dass die Macht solcher Plattformen und ihre negativen Folgen noch größer werden?“