Wofür steht das neue Nato-Rüstungsprogramm?

Angesichts der latenten Bedrohung durch Russland haben die Nato-Verteidigungsminister am Donnerstag neue Fähigkeitsziele beschlossen. Die Details bleiben geheim, klar ist jedoch, dass sie eine deutliche Aufrüstung bedeuten. US-Verteidigungsminister Hegseth sagte, eine Einigung darüber, dass die Nato-Mitglieder künftig die von Washington geforderten fünf statt zwei Prozent ihres BIP für Rüstung ausgeben sollen, sei greifbar.

Alle Zitate öffnen/schließen
Avvenire (IT) /

Die "Sparsamen" sind freigiebig geworden

Bei Waffen sitzt das Geld lockerer, konstatiert Avvenire:

„Angesichts der Notwendigkeit, Europa zu verteidigen, scheuen die einstigen Sparsamen keine Kosten mehr. ... Mette Frederiksen, noch immer Premierministerin Dänemarks, sagte dies am Dienstag offen: 'Wir hatten eine führende Rolle in der Gruppe der vier Sparsamen, und jetzt werden wir sie in einer anderen Gruppe haben, weil sich die Zeiten geändert haben'. … Waffen zuerst also. Ein Gedanke, der sicherlich von den alten Verbündeten im Kampf für die Austerität geteilt wird. Einer von ihnen, der Niederländer Rutte, ist jetzt Nato-Chef und lässt keine Gelegenheit aus, von den Regierungen mehr Mittel für die Stärkung der Armeen zu fordern. Ein anderer, der Schwede Löfven, ist jetzt als Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Europas ein überzeugter Befürworter des Aufrüstungsplans.“

Rzeczpospolita (PL) /

Nicht auf Kosten der Ukraine

Rzeczpospolita betont die Bedeutung der Ukraine-Hilfe als Teil der Nato-Verteidigung:

„Diese Ausgaben sind eng mit den neuen Notfallplänen verknüpft: ein sorgfältig ausgearbeitetes Szenario, wer sich wie an der Verteidigung gegen Russland beteiligen soll. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Bemühungen wird jedoch die Unterstützung der Ukraine selbst sein. Rutte betonte, dass die Erhöhung der Verteidigungsausgaben nicht auf Kosten der westlichen Hilfe für Kyjiw gehen wird. Diese wird separat fließen. Und sie soll noch viele Jahre lang geleistet werden – so lange, wie die Bedrohung durch den Kreml anhält.“

Jyllands-Posten (DK) /

Kein stures Aufstocken der alten Arsenale!

Es gilt, aus dem Krieg in der Ukraine zu lernen, fordert Jyllands-Posten:

„Wichtig ist aber auch, dass Eile nicht zur Last wird. Dies gilt sowohl für die Verwaltung der geplanten enormen Ausgaben öffentlicher Mittel als auch dafür, sicherzustellen, dass die Dispositionen tatsächlich dem heutigen – und nicht dem gestrigen – Bedrohungsbild entsprechen. Hier kommen die Erfahrungen aus der Ukraine ins Spiel. Dänemark hat durch seine verdienstvolle Unterstützung der Ukrainer einen besseren Einblick in die Realitäten auf dem Schlachtfeld als die meisten anderen Länder. Wir haben den Ukrainern geholfen – ihr Beispiel kann uns wiederum helfen, eine Verteidigungspolitik zu formulieren, die nicht in der Logik des letzten Jahrhunderts gefangen ist.“

Corriere della Sera (IT) /

Weg frei für US-Ausstieg

Washington hat ein wichtiges Zwischenziel erreicht, betont Corriere della Sera:

„Man hat sich auf das Ziel für die Militärausgaben geeinigt. Fünf Prozent des BIP. ... Es ist das erste konkrete Ergebnis, das die Trump-Administration in Bezug auf die Beziehungen zu Europa erzielt hat. ... Die USA könnten sich nun aus Europa zurückzuziehen, schrittweise statt mit einem traumatischen Bruch. Dieses Thema wird das Gipfeltreffen der Nato-Staats- und Regierungschefs am 24. und 25. Juni in Den Haag beherrschen. In den kommenden Monaten wird das europäische Lager aufgerufen sein, seine Anstrengungen zu vervielfachen, um zu gegebener Zeit die von den USA hinterlassenen Lücken füllen zu können.“

The Guardian (GB) /

Zulasten des Klimas

Die weltweite Aufrüstung ist eine Bedrohung für die Klimaziele, gibt The Guardian zu bedenken:

„Allein die von der Nato geplante Aufrüstung könnte die Treibhausgasemissionen um fast 200 Millionen Tonnen pro Jahr erhöhen. ... Kritiker argumentieren, dass jeder in neue Rüstung investierte Dollar nicht nur entsprechende CO2-Kosten verursacht, sondern auch Opportunitätskosten für potenzielle Klimaschutzmaßnahmen mit sich bringt. Höhere Militärausgaben verringern zudem die Ressourcen, die für Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels zur Verfügung stehen. Im Vereinigten Königreich wird die Erhöhung der Militärausgaben durch Kürzungen im Budget für Entwicklungshilfe finanziert – ebenso in Belgien, Frankreich und den Niederlanden.“