Ukraine feiert Unabhängigkeitstag
Die Ukraine hat am Sonntag den 34. Jahrestag ihrer Unabhängigkeitserklärung von der einstigen Sowjetunion begangen – mitten in einem Krieg, mit dem Moskau versucht, das Land wieder unter seine Kontrolle zu bekommen. Kommentatoren beleuchten Schlüsselmomente auf dem Weg des Landes, das heute wie kein anderes in Europa um seine Souveränität kämpfen muss.
Existentiellen Stresstest bestanden
Der Krieg stellt die ukrainische Nation auf eine harte Probe, schreibt Journalist und Soldat Pawlo Kasarin in Ukrajinska Prawda:
„Jeder unserer Unabhängigkeitstage ist nun auch eine Erinnerung an die Invasion. Zwischen dem 24. August und dem 24. Februar liegen sechs Monate. Und heute sind es genau dreieinhalb Jahre seit Beginn des groß angelegten Krieges. Krieg ist unweigerlich ein Stresstest für ein Land: Er prüft den Staat auf seine Widerstandskraft – und die Institutionen auf ihre Effizienz. Und die Bürger des Landes auf ihre Fähigkeit zur Solidarität. Unsere Verbündeten im Westen wie auch unsere Feinde im Osten waren überzeugt, dass wir keinen dieser drei Tests bestehen würden. Sie haben sich geirrt.“
Mutig dem Niedergang entkommen
Corriere della Sera sieht die Loslösung von Russland als einen lange reifenden Prozess:
„Stolz und mutig war die Rede von Selenskyj auf dem Maidan zum 34. Jahrestag ... [Damals folgte am 1. Dezember 1991 ein] Referendum, bei dem die überwiegende Mehrheit der Ukrainer für die Trennung vom alten, sterbenden Russland stimmte, das mit der Auflösung der Sowjetunion implodiert war. Ein Niedergang, den die Ukrainer fünf Jahre zuvor mit der Schande der Katastrophe von Tschernobyl teuer bezahlt hatten, als die kommunistische Nomenklatura versucht hatte, das Ausmaß der Katastrophe zu vertuschen. ... Also kein Nachgeben, keine Angst, trotz der Erpressung mit Bomben und der anhaltenden Kriegsdrohung.“
Garantien können sich als leere Worte entpuppen
Jurnalul National erinnert daran, dass der Ukraine 1994 im Budapester Memorandum ihre staatliche Integrität garantiert worden war:
„Es war ein Versprechen der Solidarität und des Schutzes, das sich in dem Moment, als es um die Verteidigung der Souveränität der Ukraine ging, in Luft auslöste. Die Ukraine blieb beim Angriff allein und alle Garantien waren nur leere Worte. Dies hat uns leider gelehrt, dass internationale Versprechen, ohne eine Machtposition und den Willen sie umzusetzen, einfach nur gefällige Worte bleiben. Für Rumänien sollte diese Erfahrung eine schmerzhafte Lektion darüber sein, wie wichtig es ist, verantwortungsvolle Anführer zu haben, die sich nicht nur auf Versprechen oder Allianzen verlassen, sondern auf eine eigene Verteidigungsfähigkeit und auf eine entschlossene Außenpolitik.“
Auf eigene Stärke bauen
Helsingin Sanomat fordert eine stärkere Bewaffnung der Ukraine:
„Russland kann man nicht trauen, aber das größere Problem ist, dass die westlichen Länder weder einander noch sich selbst vertrauen können. Im Zeitalter der Tiktok-Demokratie ist die Politik der westlichen Länder so unberechenbar geworden, dass die Vereinigten Staaten und die großen europäischen Länder immer nur eine Wahl von einer politischen Kehrtwende oder einem Chaos entfernt sind. Aus Sicht des Kremls schwächt die Demokratie den Westen auf Dauer. Bislang haben nur die Ukrainer ihren Willen bewiesen, für die Ukraine zu kämpfen. Deshalb sollte die Ukraine zu einem bis an die Zähne bewaffneten stählernen Stachelschwein gemacht werden. Je früher, desto besser.“