Ukraine: Was kann die Koalition der Willigen leisten?
Als sogenannte Koalition der Willigen haben sich am Donnerstag mehr als 30 Staaten in Paris über künftige Sicherheitsgarantien für die Ukraine ausgetauscht. 26 Staaten hätten die Bereitstellung von Truppen zugesagt, erklärte Gastgeber Emmanuel Macron. Nach der Konferenz, an der einige Teilnehmer per Video zugeschaltet waren, gab es ein Gruppen-Telefonat mit US-Präsident Donald Trump. Europas Presse ordnet ein.
Washington wieder mit von der Partie
La Stampa sieht gewisse Fortschritte in Bezug auf das Verhältnis mit den USA:
„Auch die Harmonie der transatlantischen Vereinbarung scheint wiederhergestellt zu sein, da der amerikanische Präsident sich live in die Sitzung einer Koalition einschaltet, zu der nun offenbar auch die Vereinigten Staaten gehören. Selenskyj hatte die Genugtuung zu enthüllen, dass Donald Trump gerade seine ungarischen und slowakischen Fans wegen ihrer russischen Öleinkäufe zurechtgewiesen habe.“
Trump bleibt die große Bremse
Die Koalition der Willigen scheitert an Trumps Russland-Politik, meint Politologe Maksym Jali auf Facebook:
„All die zahlreichen Verhandlungen, Telefonate und sonstigen Aktivitäten der 'Koalition der Willigen' und anderer Teilnehmer am Verhandlungsprozess zur Beendigung des russisch-ukrainischen Krieges – einschließlich Trump selbst – werden keinerlei praktische Ergebnisse bringen, solange Trump seine Haltung gegenüber Russland und insbesondere gegenüber Putin nicht ändert. Doch er will sie nicht ändern. Dabei geht es nicht nur um persönliche Sympathien, die er ja selbst gar nicht bestreitet. Der Hauptgrund für diese Tragikomödie liegt darin, dass Trump überzeugt ist, er würde in einem solchen Fall 'alle Brücken abbrechen' und die Allianz zwischen Russland und China ließe sich dann nicht mehr auflösen. Genau das aber will er unbedingt vermeiden.“
Zwischen Solidarität und größerer Abhängigkeit
In France Inter warnt Kolumnist Pierre Haski vor Europas wachsender Abhängigkeit:
„Europa ist bereit, viele Zugeständnisse zu machen, um die USA an seiner Seite zu halten. ... Die Europäer verlangen zwei Dinge von Trump: dass er sich, wie sie selbst, zu einer 'Solidaritätsklausel' mit der Ukraine im Falle eines erneuten russischen Überfalls verpflichtet und dass er jegliche Einschränkung der Größe der ukrainischen Armee im Friedensabkommen ablehnt. … Die Kehrseite dieser Hoffnung auf amerikanische Hilfe ist, dass Europa seine Abhängigkeit von einem Amerika, das ihm in Handelsfragen den Arm verdreht und ihm seine Digitalpolitik vorschreiben will, sogar noch verstärken würde. ... Alles hängt zusammen, und Donald Trump weiß das nur zu gut.“
Russland muss erst einmal gestoppt werden
Der durch seine China-Reise gestärkte Putin wird sich vorerst kaum zu einem Waffenstillstand drängen lassen, befürchtet Rzeczpospolita:
„Der russische Diktator hat nach der Militärparade in Peking offenbar beschlossen, sein Schweigen zu brechen. Auf einer Pressekonferenz deutete er unmissverständlich an, dass er nicht vorhabe, sich mit Wolodymyr Selenskyj zu treffen. In dem Versuch, den seit vier Jahren kämpfenden ukrainischen Staatschef zu demütigen, lud der Diktator ihn zu einem Treffen nach Moskau ein und stellte die Legitimität von Selenskyjs Regierung zugleich in Frage.“
Waffenlieferungen wären gerade wichtiger
Bei allen Diskussionen über Sicherheitsgarantien ist die Ukraine momentan auf etwas ganz anderes angewiesen, betont die Frankfurter Allgemeine Zeitung:
„Es gibt keine Anzeichen dafür, dass Wladimir Putin etwas anderes als eine Kapitulation der Ukraine akzeptieren will. Der Kreml sagt zudem klar, dass er über westliche Truppen in der Ukraine nicht einmal reden will. Davon wird er allenfalls abrücken, wenn er so unter Druck steht, dass er keinen anderen Ausweg sieht. Viel wichtiger als die Arbeit an einem derzeit vollkommen irrealen Szenario einer Friedenstruppe ist es deshalb, die Unterstützung für die Ukraine mit Waffenlieferungen und Finanzhilfen zu forcieren.“
Das koreanische Szenario
Radio Kommersant FM skizziert, was eine "koreanische Lösung" bedeuten würde:
„Selenskyj hat erstmals zu verstehen gegeben, dass er mit dem sogenannten koreanischen Szenario einverstanden wäre, das er zuvor kategorisch abgelehnt hatte. Dies wäre eine Einstellung der Kampfhandlungen entlang der Frontlinie. ... So wie es aussieht, stellen kontinuierliche Waffenlieferungen, die Ausbildung von Militärpersonal, Aufklärungsdaten und Nachschub die oft zitierten Sicherheitsgarantien dar. Westliche Truppen bleiben zu Hause, werden aber so aufgestellt sein, dass sie im Falle ernsthafter Probleme zu Hilfe kommen können. Russland würde an seinen Grenzen demnach einen hochgerüsteten Staat nach dem Vorbild Südkoreas vorfinden - mit modernster Ausrüstung und unter dem vollständigen Schutz des Westens stehend.“