Wieder Drohnensichtungen über Dänemark
In der Nacht zu Donnerstag sind Drohnen unbekannter Herkunft über dänischen Flughäfen und einem Luftwaffenstützpunkt gesichtet worden. Bereits am Montag legten Drohnensichtungen die Flughäfen von Kopenhagen und Oslo für einige Stunden lahm. Die Vorfälle folgten auf Luftraumverletzungen durch russische Drohnen und Flugzeuge in Polen, Rumänien und Estland. Ist die Nato direkt bedroht?
Sich nicht aufstacheln lassen
Auch wenn Russland provoziert, müssen die Nato-Staaten Ruhe bewahren, mahnt Journalist und Autor Andrei Hvostov in Eesti Ekspress:
„Was wir derzeit mit Sorge beobachten, war in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts Routine. Wichtig war es, bestimmte Grenzen nicht zu überschreiten. Sticheleien waren erlaubt, aber es durfte nicht zu einem großen Krieg kommen. ... Die Streitkräfte diktatorischer Staaten können sich wie Irre verhalten, da die Gesellschaft dieser Länder ihnen einfach zustimmt. In demokratischen Staaten hingegen lehnt man jede Art von 'Kriegsspielen' entschieden ab. ... Estland ist da keine Ausnahme. Wir sind dazu bestimmt, ruhig zu bleiben.“
Rüstungsbeschaffung grundlegend ändern
Eine veränderte Kriegsführung bedarf auch neuer wirtschaftlicher Ansätze und Strategien, meint der Ökonom Vidmantas Janulevičius in TV3:
„Krieg wird zu einem vernetzten Krieg – wer Sensoren, elektronische Kriegsführung, künstliche Intelligenz und Produktion zu einem Ökosystem verbindet, erlangt die Oberhand. Diese Realität macht deutlich: Mit dem bloßen Kauf von Panzern oder Raketen ist unsere Sicherheit nicht mehr zu gewährleisten. Es braucht ein völlig neues System. Und darin spielt die Rüstungsindustrie eine Schlüsselrolle. ... Drohnenabwehrsysteme dürfen keine einmaligen Anschaffungen bleiben – sie müssen Teil einer langfristigen Verteidigungsstrategie von EU und Nato sein. Denn es geht nicht nur um militärische Fragen, sondern ebenso um wirtschaftliche und industrielle Herausforderungen.“
Endlich klare Kante zeigen
Jyllands-Posten sieht Moskau als Initiator der Drohnenflüge und fordert den Westen auf, Gegenmaßnahmen zu ergreifen:
„Die Drohnen über dem Flughafen waren möglicherweise die Folge der vagen westlichen Reaktionen auf die Vorfälle in Polen, Rumänien und im Baltikum. Auf militärische Reaktionen sollten Interventionen gegen die russische Kriegswirtschaft folgen. Die Pläne liegen bereits in den Schubladen der europäischen Staatenlenker. Sie müssen geöffnet werden. Angst, Handlungslähmung und die 'Alles wird gut'-Mentalität dürfen nicht anhalten. Bürger, Politiker und Behörden müssen sich mit der Realität auseinandersetzen. Nicht mit dem, was wir uns erträumen.“
Russland verfolgt zwei Ziele
Moskau hat ganz Europa im Visier, meint Ilta-Sanomat:
„Mag sein, dass der Vorfall über Kastrup [Kopenhagens Flughafen] nicht aufgeklärt wird. Die aggressiven Aktivitäten Russlands im Ostseeraum und anderswo sind jedoch eine Tatsache. … Die Einschüchterung hat zwei Ziele: Die Bürger der Nato-Staaten sollen Angst vor einem Krieg bekommen. ... Das zweite Ziel sind die Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten. Sie müssen sich Gedanken machen über den Schutz ihrer eigenen Gebiete. ... Russland macht deutlich, dass es sich um einen Krieg in ganz Europa handelt.“
Bei Abwehr von Drohnen von der Ukraine lernen
Die Drohnenflüge der letzten Zeit zeigen nach Ansicht von Göteborgs-Posten, dass der Westen in die falschen Waffensysteme investiert:
„Die Ukraine hat ihr Humankapital und ihr technisches Know-how genutzt, um auf dem Schlachtfeld zu überraschen und sich Vorteile gegenüber Russlands Überlegenheit an Feuerkraft und Soldaten zu verschaffen. Die Frage ist: Hat Europa das geschafft? Bei unserer Aufrüstung geht es größtenteils um die Anschaffung teurer Waffensysteme, die in manchen Fällen Gefahr laufen, nach dem Praxistest obsolet zu werden. Was wir brauchen, sind ein paar Nerds, die einen Weg finden, russische Drohnen für weniger als 100.000 Kronen [ca. 9000 Euro] abzuschießen.“
Eher Einladung als Warnung
Die Süddeutsche Zeitung hätte sich von der Nato deutlichere Worte gewünscht:
„Jedes Herumgeeiere der Nato animiert Moskau zu weiteren Provokationen. Und jede Provokation birgt das Risiko, dass es zu Missverständnissen oder Zusammenstößen kommt, die potenziell katastrophale Folgen haben können. Je klarer Russland daher mitgeteilt wird, was passiert, wenn es weiterhin Fluggeräte über die Ostgrenze des Bündnisses schickt, desto berechenbarer ist die Lage für Moskau. Setzt man voraus, dass auch der russische Machthaber Wladimir Putin im Moment keinen Krieg mit der Nato führen will, vermindert man so die Gefahr einer ungewollten Eskalation. ... Die Sorge, eine rote Linie auch durchsetzen zu müssen, die man selbst gezogen hat, ist in der Allianz offenbar zu groß. Wladimir Putin dürfte das eher als Einladung denn als Warnung verstehen.“