Trump fordert Schadensersatz von der BBC
Nach dem Rücktritt des BBC-Direktors Tim Davie steht die britische Rundfunkanstalt weiter im Kreuzfeuer der Kritik. Nun droht US-Präsident Trump mit einer Schadensersatzforderung von einer Milliarde Dollar. Der Vorwurf: Die BBC habe in einer Dokumentation über den Sturm auf das Kapitol im Januar 2021 Aussagen von Trump so zusammengeschnitten, dass sie einen falschen Eindruck vermittelten. Was sagt diese Krise über die BBC und öffentlich-rechtliche Medien aus?
Transparenz und Selbstkritik üben
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Großbritannien hat es nicht leicht, betont Der Standard:
„BBC-Journalisten stehen täglich unter besonderem Druck. Sie müssen nicht nur den normalen Job jedes Journalisten machen: genaue Recherche, faire Bewertung, präzise Wortwahl. Sie stehen auch in der Pflicht, die Reputation ihres zurecht weltweit geachteten Arbeitgebers zu verteidigen. Allzu oft geraten sie dabei in die Falle, jede handwerkliche Kritik sofort für einen Vernichtungsschlag für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu halten. Stattdessen sollten sie Fehler rasch und öffentlich eingestehen.“
Modisch liberal-progressives Gesellschaftsbild
Kritisch betrachtet Echo24 öffentlich-rechtliche Medien allgemein:
„Die BBC steht seit Langem in der Kritik, unter anderem wegen einseitiger und verzerrter Berichterstattung über Ereignisse im Nahen Osten sowie feindseliger und emotional unkontrollierter Kritik an US-Präsident Donald Trump. ... All dies gehört bereits zum Standardrepertoire nicht nur der meisten öffentlich-rechtlichen, sondern auch vieler Mainstream-Medien in Europa und Amerika, die sich offen zu einem modisch liberal-progressiven Gesellschaftsbild bekennen. Dies steht jedoch im Widerspruch zur Weltanschauung eines Großteils ihrer Zuschauer und Leser, wie beispielsweise Daten der renommierten Nachrichtenagentur Reuters bestätigen, die einen steten Vertrauensverlust in die etablierten Medien belegen.“
Attacken auf die Presse erreichen Europa
Die taz sieht den Kampf um die mediale Vorherrschaft in den USA endgültig auf der anderen Seite des Atlantiks angekommen:
„Worum es eigentlich geht, ist schon fast egal. ... Dass neben der Daily Mail vor allem der Daily Telegraph auf Davie und die BBC eindrosch, wundert nicht. Das Blatt steht kurz vor der Übernahme durch das US-Konsortium RedBirdCapital, an dem Trumps Großunterstützer Larry Ellison beteiligt ist. Der hat in den USA schon Paramount gekauft, lässt CBS auf Linie bringen und will aus dem Telegraph eine rechte New York Times machen. Für die BBC geht es jetzt ums Ganze.“
Man wird "Auntie" noch vermissen
Auch Corriere della Sera befürchtet eine Amerikanisierung der britischen Medien:
„Die Rechte in London wittert nun Blut, da sie den öffentlich-rechtlichen Sender schon immer als Bastion der Linken betrachtet hat, der früher oder später an die Leine genommen werden muss. ... Wenn die BBC aus dieser Angelegenheit geschwächt hervorgeht, wird die britische Medien- (und Kultur-)Landschaft einen weiteren Schritt in Richtung Amerikanisierung machen, nämlich in Richtung einer polarisierten Öffentlichkeit, in der sich immer parteiischere Zeitungen und Fernsehsender gegenüberstehen ... Dann wird man Auntie, das 'Tantchen', wie die alte BBC liebevoll genannt wird, vermissen.“
Die BBC bleibt unverzichtbar
Die Medienanstalt hat ihre Daseinsberechtigung keineswegs verloren, meint The Irish Times:
„Große öffentlich-rechtliche Sender sind nicht frei von Fehlern. Vorwürfe des Gruppendenkens, der Selbstzufriedenheit und überhöhter Ausgaben sind mitunter berechtigt. Doch die BBC bleibt eine der größten Errungenschaften des postimperialen britischen Staates. Ihre Programme genießen das Vertrauen von Millionen Menschen im Inland und von noch viel mehr im Ausland. Lange diente sie als Vorbild für Sender weltweit. Ihre Auflösung käme einem Akt außerordentlicher Selbstbeschädigung gleich. Öffentlich-rechtliche Sender überall müssen innovativ sein und sich an die veränderte Medienlandschaft anpassen. Doch die Prinzipien, auf denen sie gegründet wurden, verdienen es nach wie vor, verteidigt zu werden.“
Paradebeispiel für eine politische Kampagne
Der Sender soll als unabhängige Institution geschwächt werden, warnt The Guardian:
„Im Kern handelt es sich um eine politische Kampagne gegen die BBC. Sie könnte als Paradebeispiel dafür dienen, wie man Journalismus, der inmitten einer medialen Flutwelle von Spin und Verzerrung zumindest Unparteilichkeit anstrebt, schwächt und untergräbt. ... Sämtliche Kritikpunkte an der BBC-Berichterstattung stammen aus dem Drehbuch anti-progressiver Kulturkämpfer. ... Donald Trumps Drohung mit einer Klage gegen die BBC ging seine erfolgreiche Einschüchterung von US-Medien voraus: Eine Reihe von Privatsendern erklärte sich bereit, selbst im Falle fadenscheinigster Anschuldigungen Schadensersatz zu zahlen. Die BBC muss unabhängig von staatlicher und politischer Einflussnahme sein.“
Einseitige Berichterstattung untergräbt Vertrauen
The Times findet Kritik an der BBC berechtigt und fordert mehr Unparteilichkeit:
„Wenn sich die öffentlich finanzierte BBC ebenso leicht von parteipolitischer Ideologie vereinnahmen lässt wie andere Institutionen, verliert sie ihre Existenzberechtigung. ... Die einseitige Berichterstattung zu umstrittenen Themen wie biologischem und sozialem Geschlecht ist nicht das Ergebnis von 'Fehlern', sondern von kultureller und institutioneller Vereinnahmung. Die BBC braucht eine neue Führung, die ihre Richtlinien zur Unparteilichkeit verschärft und unmissverständlich klarstellt, dass Mitarbeiter, die diese Richtlinien und damit das Vertrauen der Öffentlichkeit in die gesamte BBC untergraben, keinen Platz im Sender haben.“