Klima-Aktivisten bewerfen Gemälde

Wenige Tage nachdem in der Londoner National Gallery ein Van-Gogh-Gemälde mit Tomatensuppe bespritzt worden war, haben Aktivisten der Klimaschutz-Protestgruppe Letzte Generation im Potsdamer Museum Barberini ein Bild aus Claude Monets Heuschober-Serie mit Kartoffelbrei beworfen. Kommentatoren bewerten diesen Ansatz, auf die Dringlichkeit des Klimaproblems aufmerksam zu machen.

Alle Zitate öffnen/schließen
Kleine Zeitung (AT) /

Welche Jugend wollen wir: Löwen oder Lämmer?

Wer aufrütteln will, kann eben nicht immer im Bereich des Angemessenen bleiben, erinnert die Kleine Zeitung:

„Ob bei den weltweiten Protesten von Black Lives Matter, bei den Schulstreiks, bei Protestcamps gegen Pipelines oder auch Stadtautobahnen, der Vorwurf der Unangemessenheit ist immer derselbe - der Protest sei der falsche Weg und bringe nichts. … Vielleicht will eine solche Aktion der Verzweiflung gar nicht angemessen sein, sondern aufrütteln? Was für eine Jugend will man? Löwen, die um ihre Zukunft kämpfen oder Lämmer, die sich zur Schlachtbank führen lassen? Der Klimawandel ist noch weit extremer als ein Lebensmittel auf einem Gemälde und ein Protest, der niemanden empört, ist kein Protest.“

Új Szó (SK) /

Augenmerk wieder auf die Umwelt richten

Die Klimafrage ist tatsächlich zu sehr in den Hintergrund gedrängt worden, mahnt auch Új Szó:

„Die Aktivisten haben recht, selbst wenn sie uns durch so eine drastische Art und Weise darauf aufmerksam machen. Wir behandeln die Gemälde, die Millionen Dollar wert sind, wirklich vorsichtiger als unsere Umwelt. ... Tatsächlich schenkt die Gesellschaft, die sich gerade von der Corona-Pandemie erholt und nun mit dem Krieg in der Ukraine konfrontiert ist, in der letzten Zeit den ökologischen Fragen, die bis März 2020 wichtig waren, fast keine Aufmerksamkeit.“

Frankfurter Allgemeine Zeitung (DE) /

Sinnlose Nerverei

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hat keinerlei Verständnis für die Protestform:

„[D]ie Protestjugend [proklamierte] lauthals, die Klimakatastrophe sei wichtiger als Kartoffelbrei auf einem Bild. Das ist richtig, würde es umgekehrt aber auch nicht ausschließen, Grüne Soße über den Protestlern auszugießen, denn die Klimakatastrophe wäre ja auch wichtiger als deren Sauberkeit. ... So müssen wir uns die Mitglieder der 'Letzten Generation' als Leute vorstellen, die darüber nachdenken, wie sie kostengünstig und filmreif nerven können und dabei den Eindruck aufrecht erhalten, sie täten viel für das Klima. Obwohl ihre Gesten gar nichts für das Klima tun. ... [D]er einzige nachweisliche Druck, den sie erzeugt haben, ist der auf die Wachdienste in Museen.“

Göteborgs-Posten (SE) /

Eigene Anliegen in den Schmutz gezogen

Auch Göteborgs-Posten verurteilt das Bewerfen von Gemälden mit Lebensmitteln:

„Der Versuch, künstlerische Ausdrucksformen und das Recht der Menschen, diese zu genießen, unter Bezugnahme auf politische Überzeugungen einzuschränken, ist eine Art sektiererisches Denken: Alles wird als zweitrangig gegenüber dem eigenen Kampf und den Ideen hinter diesem Kampf angesehen. Das Ziel der Klimaaktivisten ist es nicht, Zensur einzuführen, bis wir die Klimakrise gelöst haben, und sie tun niemandem Gewalt an. Aber ihr Ansatz führt dazu, dass die Klimafrage in den Dreck gezogen wird.“

La Libre Belgique (BE) /

Kunst als Verbündeten nutzen

Malerei, Literatur und Co. lassen sich im Kampf gegen den Klimawandel schlauer und effizienter einsetzen, rät La Libre Belgique:

„Der Hype ist da, aber er ruft nur Empörung hervor, so sinnentleert ist er und so sehr erinnert er an das Vorgehen totalitärer Regime, Kunstwerke zu zerstören. … Die Klimaaktivisten sollten sich von diesen Nadelstich-Aktionen in Museen distanzieren, denn die schockieren und spalten weit über die Kunstfans hinaus. Um nützlich werden zu können, muss sich ihre Wut anders äußern. Und was eignet sich besser als Kunst, um Ängste auszudrücken – mittels Gemälden, Filmen, Theaterstücken, Romanen und Songs? Kunst ist ein natürlicher Verbündeter der Umwelt und der großen Anliegen der Menschheit. Dummheit hingegen ist wahrscheinlich ihr größter Feind.“