Selenskyj in Argentinien: Falscher Ort, falsche Zeit?

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ist zur Vereidigung des ultraliberalen argentinischen Präsidenten Javier Milei am Sonntag nach Buenos Aires gereist. Dort traf er auch auf den ungarischen Premier Viktor Orbán, der erst vor Kurzem seine Drohung eines Vetos gegen weitere Ukraine-Hilfen der EU bekräftigt hatte. Beide Begegnungen sorgen bei Kommentatoren für Debatten.

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Visão (PT) /

Ein katastrophaler politischer Fehler

Visão hält es für falsch, gerade jetzt die Nähe zu einem unberechenbaren, radikalen Politiker wie Milei zu suchen:

„Die Reise nach Argentinien zur Amtseinführung von Javier Milei, dem Ultra-Irgendwas, der den größten Blödsinn der Welt von sich gibt, tut dem Image von Selenskyj in einer schwierigen Phase des Krieges gegen Russland keinen Gefallen. ... Selenskyj ist nicht am richtigen Platz. Und auch nicht in Bestform. Möglicherweise entmutigt, sicherlich desillusioniert, offensichtlich müde, hat der ukrainische Präsident keinen Spielraum, um katastrophale politische Fehler zu begehen, wie diese Weltreise, um Milei abzusegnen. ... Schon gar nicht jetzt, wo die Russen auf dem Vormarsch sind.“

Petro Oleschtschuk (UA) /

Zusätzliche Optionen für die Ukraine

Kyjiw könnte vom Kontakt zu Milei profitieren, meint der Politologe Petro Oleschtschuk auf seiner Facebook-Seite:

„Trotz seines recht eigenartigen Images hat Milei ein ziemlich rechtes Wirtschaftsprogramm und wird von vielen rechten Politikern der Welt als einer der ihren angesehen. Unter anderem von denen, deren Haltung in der Frage der Unterstützung der Ukraine ziemlich ambivalent ist. So hat etwa Donald Trump Milei zum Sieg gratuliert. Für die Ukraine bedeuten Kontakte zu Milei daher auch zusätzliche diplomatische Möglichkeiten für die Zukunft. Eigentlich haben die gewissermaßen schon stattgefunden, als Wolodymyr Selenskyj in Argentinien ein ziemlich gehaltvolles Gespräch mit Viktor Orbán hatte.“

Népszava (HU) /

Orbán außen vor

Dass der neue argentinische Präsident Selenskyj einlädt, ist wohl keine gute Nachricht für Ungarns Regierungschef, meint Népszava:

„Der Plan einer ungarisch-argentinischen populistischen Allianz scheint ein Traum zu bleiben. Das Kabinett des ungarischen Premiers war wohl wenig begeistert, als sich herausstellte, dass der ukrainische Präsident Selenskyj nicht nur eine Einladung zu Mileis Amtseinführung erhalten hat, sondern angereist war, um dem neuen argentinischen Staatschef für seine Unterstützung zu danken, der sich selbst als Anhänger Washingtons und Kritiker Moskaus sieht, und damit außenpolitisch in einer ganz anderen Position ist als die ungarische Regierung.“