Alaska-Gipfel: Friedenschance für die Ukraine?
Am Freitag wollen sich US-Präsident Donald Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin in Alaska treffen, um über ein Kriegsende in der Ukraine zu verhandeln. Was die Grundlage der Gespräche ist, bleibt vorerst unklar: Trump spricht von einem "Gebietstausch zum Wohle beider Seiten". Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte daraufhin, man sei an einer Friedenslösung interessiert, werde aber "dem Besatzer kein Land schenken".
Ein Deal ohne Kyjiw ist kein Deal
Es darf keine Einigung über die Köpfe der Ukrainer hinweg geben, mahnt The Irish Times:
„Putin will ein Abkommen, das die Ukraine effektiv entwaffnet und ihre Verbündeten so fern wie möglich hält, in deren eigenen Staatsgebieten. Keine Rede von internationaler Friedenssicherung oder Überwachung. Das bedeutet permanente Verwundbarkeit. Putin wäre diese Woche der große Gewinner, wenn er ein Abkommen mit Trump aushandelt, das die Ukraine nicht akzeptieren kann. Die USA würden sich dann aus dem Konflikt zurückziehen und ihre Hände in Unschuld waschen. Trumps Versprechen 'Land für Frieden' bringt ein solches Ergebnis in den Bereich des Möglichen. Doch ein Abkommen ohne die Beteiligung der Ukraine ist kein Abkommen.“
In Wirklichkeit eine Falle
Ein territorialer Kompromiss könnte die Ukraine spalten, befürchtet der Politologe Wolodymyr Fessenko in einem von Gordonua.com übernommenen Facebook-Post:
„Putin wiederholt sein hinterlistiges Manöver, das er bereits im Mai unternommen hatte. Damals schlug er als Reaktion auf die Forderung nach einem Waffenstillstand direkte Friedensverhandlungen mit der Ukraine in Istanbul vor. Für Trump war das ausreichend. Nun bietet Putin einen Friedensplan an, der als Kompromiss erscheinen soll, in Wirklichkeit jedoch eine Falle ist. Lehnen wir ihn ab, droht eine neue Abkühlung oder gar ein Konflikt in den Beziehungen zu Trump. Willigen wir ein, riskieren wir eine innenpolitische Krise in der Ukraine, da ein bedeutender und aktiver Teil der Gesellschaft kategorisch gegen einen solchen 'Tausch' [von Territorien] ist.“
Historischer Erfolg möglich
Eine Wende ist durchaus vorstellbar, erläutert Politologe Sébastien Boussois in Les Echos:
„Putin sucht einen ehrenhaften Ausweg. … Sein Ziel ist nicht mehr unbedingt, die gesamte Ukraine zu kontrollieren, sondern sicherzustellen, dass Russland weder das Gesicht noch die strategische Kontrolle über den Donbas und die Krim verliert. Er weiß, dass die Zeit gegen ihn spielt: Die russische Wirtschaft könnte erlahmen, die militärischen Verluste häufen sich. ... In dieser brutalen Realität könnte das Treffen einen minimalen, aber entscheidenden Rahmen hervorbringen: die Kämpfe einfrieren, die Pufferzonen sichern und einen noch unvorbereiteten politischen Prozess einleiten. Das wäre kein Frieden, aber das Ende des 'heißen Krieges'. Und in diesem Kontext wäre das bereits ein historischer Erfolg.“
Es gibt immer einen größeren Hai
Das Recht des Stärkeren darf nicht die Grundlage eines Friedens sein, meint Večernji list:
„Jede Lösung, die auf dem Recht des Stärkeren beruht und alle friedenstiftenden und zivilisatorischen Möglichkeiten der Konfliktlösung durch Diplomatie zunichte macht, stellt auch für starke Staaten eine Gefahr dar. Denn wie im Meer gibt es immer einen größeren Fisch, der vorbeikommen kann. ... Stärker als Putins Russland ist [neben den USA] auch China. Bei Trump weiß man, dass er sein Territorium auf Grönland ausweiten möchte. Weniger bekannt ist, dass China mit viel Leidenschaft mit dem Territorium Sibiriens liebäugelt. ... Die Anerkennung des Rechts des Stärkeren und das 'Einfrieren' von erobertem Gebiet könnte zum Bumerang für Putins Russland werden.“
Beide Seiten mobilisieren ihre Unterstützer
Im Vorfeld des Trump-Putin-Treffens laufen hinter den Kulissen intensive Absprachen, betont fakti.bg:
„Putin hätte sonst nicht an einem Tag mit mindestens fünf Staats- und Regierungschefs wie Xi Jinping, Modi, Ramaphosa aus Südafrika sowie den Staatschefs von Usbekistan, Kasachstan und Belarus telefoniert. ... JD Vance, der in Schottland Urlaub macht, trifft sich mit wichtigen Staats- und Regierungschefs Europas wie Starmer, Macron und Merz und hört sich ihre Ideen für einen Waffenstillstand in der Ukraine an. Europa ist zum Entsetzen von Kyjiw und Brüssel vom Verhandlungsprozess zwischen Russland und den USA isoliert, aber der gute Ton verlangt, dass man ihnen etwas mitteilt, um zumindest den Anschein von Verbündeten zu erwecken.“
Ein Wink mit dem Zaunpfahl
Der Tagesspiegel weist darauf hin, dass der Verhandlungsort eine besondere Symbolik birgt:
„Alaska wurde Mitte des 19. Jahrhunderts von Russland an die USA verkauft. Das zeigt: Grenzen können verschoben werden. Allein die Wahl des Ortes muss – gewollt oder ungewollt – ein Signal an die Ukraine sein, dass man sich einen Frieden mit Gebietsabtretungen wohl 'erkaufen' muss. Alaska ist aber auch eine Botschaft an die USA. Für viele Russen gehört die Region am Polarkreis weiter fest zu ihrer Heimat. Der US-Bundestaat ist ein Stachel in der russischen Seele – ähnlich wie die ukrainische Krim.“