Wahlsieg von Mamdani: Lehren für Parteien in Europa?
Mit großer Aufmerksamkeit verfolgen die europäischen Medien den klaren Sieg von Zohran Mamdani bei den Bürgermeisterwahlen in New York. Der 34-Jährige, der sich als "demokratischen Sozialisten" bezeichnet, verspricht kostenlose Busse, Gratis-Kinderbetreuung und Regulierung der Mietpreise. Kommentatoren sehen Lektionen für die Parteipolitik in Europa.
Starke Vision anbieten
Was die Linke in Europa lernen sollte, analysiert La Repubblica:
„Der freie Markt dient vor allem den Interessen der Aktionäre und Fonds, die Bürger werden von wachsender Ungleichheit erdrückt, die die Gesellschaft von innen heraus untergräbt und Unbehagen und Angst verbreitet. In Italien und großen Teilen Europas profitiert die Rechte von diesem Leid, weil sie eine starke Idee zu bieten hat: Schutz vor dem Andersartigen, Rückkehr zur Vergangenheit, tröstende religiöse Identität. Was wir brauchen, ist eine ebenso starke Vision auf der linken Seite. Aber es kann nicht die von Mamdani sein, oder die des kalifornischen Gouverneurs Newsom, oder die der neuen Gouverneurinnen von Virginia und New Jersey. Um die eigene Vision zu finden, müssen wir auf die jeweils eigene konkrete Realität eingehen. Hier und jetzt.“
Handfeste Politik jenseits der Extreme
Ta Nea schreibt:
„Die Politiker von La France insoumise in Frankreich oder Die Linke in Deutschland versuchen, den neu gewählten Bürgermeister als 'einen der ihren' darzustellen und seinen Sieg als Beweis dafür zu präsentieren, dass auch sie gewinnen können. Die Konservativen hingegen – allen voran auch die in unserem Land – versuchen uns davon zu überzeugen, dass Mamdani ein Populist, wenn nicht gar ein Extremist sei, der die Demokratische Partei auf gefährliche Pfade führen werde. Beides stimmt nicht. Der Mann, der die jungen Leute in großer Zahl an die Wahlurnen brachte, steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden. … Und er schlägt etwas ganz Einfaches vor: neun Milliarden Dollar durch die Besteuerung der Reichen einzunehmen, um damit eine Reihe seiner Initiativen zu finanzieren.“
Verknöcherte Elite ablösen
Um das Erstarken extremer Kräfte zu verhindern, muss sich die politische Mitte ändern, warnt Onet:
„Die USA, Polen und viele andere europäische Länder stehen in den kommenden Jahren vor dramatischen Entscheidungen. Die Kräfte der Mitte tragen daran eine große Mitschuld. Diese können sie nur wiedergutmachen, wenn sie verstehen, dass der autoritären Rechten (im Falle Frankreichs auch der extremen Linken) Einhalt geboten werden kann, indem sie erstens, sich daran erinnern, dass sie nicht nur die privilegierten Schichten vertreten sollten; zweitens, dass Freiheit ohne Brot nur eine scheinbare Freiheit ist; drittens, indem sie die verknöcherten Eliten ablösen; viertens, indem sie authentische Persönlichkeiten hervorbringen, und schließlich, indem sie entschlossen durchgreifen.“
Auch in Kopenhagen wollen Bürger Lebensqualität
Die dänischen Sozialdemokraten könnten bei den Kommunalwahlen am 18. November ihre langjährige Hochburg Kopenhagen verlieren. Weekendavisen sieht für sie eine Lehre aus New York:
„Demokratie bedeutet Repräsentation, und deshalb ist Mamdanis Erfolg so bemerkenswert. Der wichtigste Grund dafür ist jedoch seine Fähigkeit, die Sorgen der Bevölkerung ernst zu nehmen. Dasselbe gilt für die Kopenhagener, die die Sozialdemokraten abwählen: Es geht ihnen nicht primär um Palästina, um Proteste gegen Polizeigewalt oder um Revolutionsträume. Es geht ihnen vor allem darum, wie es ist, in ihrer Stadt zu leben.“