Protest gegen Pegida wird lauter

Nach Demonstrationen gegen die islamfeindliche Pegida-Bewegung in mehreren deutschen Städten am Montag haben auch Prominente aus Politik und Wirtschaft einen Appell gegen Fremdenfeindlichkeit unterzeichnet. Pegida zwingt die Deutschen, sich zur Demokratie zu bekennen, meinen einige Kommentatoren. Andere werfen Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, mit ihrer Außenpolitik Islamhass zu schüren.

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Frankfurter Rundschau (DE) /

Pegida ist Weckruf für deutsche Demokraten

Parallel zu den Kundgebungen der Pegida-Bewegung in mehreren deutschen Städten am Montagabend haben sich Tausende Menschen diesen Demonstrationen entgegengestellt. Die Gegendemonstranten zeigen, wer das Volk eigentlich ist, meint die linksliberale Frankfurter Rundschau: "Wenn es irgendetwas Positives an Pegida gibt, dann dies: die bei vielen Bürgern neu oder auch wieder entdeckte Erkenntnis, dass unser demokratischer Rechtsstaat keine Selbstverständlichkeit ist, sondern dass er des aktiven Einsatzes bedarf. ... Gerade in Zeiten, da die etablierte Politik an Bindungskraft verliert, können Demonstrationen Diskussionen und Entscheidungsprozesse beeinflussen und wieder mehr Bürgernähe erzwingen. ... [Die Pegida-Demonstranten] zwingen die schweigende Mehrheit, sich zu äußern, Stellung zu beziehen, den öffentlichen Raum nicht den anderen zu überlassen. So findet eine neue Selbstvergewisserung der Demokraten in der Bundesrepublik statt: Wir sind das Volk. Je klarer wir das sagen, desto schwerer haben es die Demagogen von Dresden und anderswo."

Dnevnik (SI) /

Merkels Außenpolitik schürt Islamhass

Man muss sich in Deutschland stärker mit den Gründen für die große Zahl der Pegida-Anhänger befassen, fordert die linksliberale Tageszeitung Dnevnik: "Die deutsche Politik muss sich dessen bewusst werden, dass seit dem Abgang von [Ex-Bundeskanzler] Gerhard Schröder [2005] die Regierung unter Angela Merkel der US-Politik zu sehr folgt, die sich in der islamischen Welt wie ein Elefant im Porzellanladen verhält und folglich religiöse Extremisten aufstachelt. Die Verteufelung der autokratischen säkularen Regime des Iraks, Libyens und Syriens hat nicht die erwünschte Aufklärung gebracht. Stattdessen sind zahlreiche Menschen aus diesen Ländern geflüchtet, von denen Deutschland vergangenes Jahr 200.000 aufgenommen hat. Nicht [Pegida-Chef] Lutz Bachmann war es, der den Geist aus der Flasche befreit hat, sondern die westliche Politik, die den Islamischen Staat geschaffen hat."

The Guardian (GB) /

Rechte verkennen Europas Multikulti-Geschichte

Anti-Migrations-Bewegungen wie Pegida übersehen, dass Europa historisch betrachtet fast immer eine sich ständig verändernde Mischung aus verschiedenen Kulturen war, analysiert die linksliberale Tageszeitung The Guardian: "Die Dinge waren niemals stabil und Bevölkerungen nicht in Stein gemeißelt. Europa ist letztlich der Fortsatz einer riesigen und kontrastreichen Landmasse. Es war stets dazu bestimmt, Kreuzung zu sein. Veränderungen mögen uns verwirren, doch es gab Zeiten, in denen wir mit viel mehr Vielfalt in unserer Mitte lebten. ... Der einzige Zeitraum, in dem Europäer eine relative demografische Homogenität erlebten - diese Ära vermeintlicher Beschaulichkeit -, war jener in Folge der Zerstörungen durch Hitler und Stalin. Derartige Überlegungen reichen vielleicht nicht aus, um die antimuslimischen Massen zu beruhigen. Aber sie könnten helfen."

El País (ES) /

EU muss Fremdenhass gemeinsam bekämpfen

Die Pegida in Deutschland ebenso wie rechte Bewegungen in Frankreich und Griechenland haben das Potential, die EU zu zerstören, warnt die linksliberale Tageszeitung El País und schlägt Schritte zu einem gemeinsamen Vorgehen gegen extremistische Einstellungen vor: "Man muss die mafiös organisierten illegalen Einwanderungsströme durch ein koordiniertes und entschiedenes Handeln angehen und gleichzeitig die legale Einwanderung fördern und offen bewerben. Und wir brauchen ein ebenfalls zwischen den EU-Mitgliedern abgestimmtes energisches Vorgehen gegen rassistische Bewegungen: auf juristische Weise, wo immer es möglich ist, und mit politischen Mitteln zu jeder Zeit und an jedem Ort. Entweder hebelt die EU diese zerstörerischen Bewegungen aus, oder die Bewegungen zerstören am Ende die EU. Wir dürfen Deutschland, Frankreich oder Griechenland nicht im Stich lassen in diesem Kampf gegen unsere gemeinsamen Feinde."