Russland oder EU: Wohin steuert Moldau?
Frankreichs Präsident Macron, Bundeskanzler Merz und Polens Premier Tusk haben gemeinsam die Republik Moldau an ihrem Unabhängigkeitstag besucht. Am Mittwoch traten sie mit Präsidentin Sandu in der Hauptstadt Chișinău auf. Das Land wählt am 28. September ein neues Parlament. Die Presse zeichnet das Porträt eines kleinen Staates, dessen Entscheidung zwischen der EU und Russland Bedeutung für den gesamten Kontinent hat.
Schicksal einer Region liegt in wenigen Händen
RFI România sieht eine Schicksalswahl am Horizont:
„Russland will nicht akzeptieren, dass seine früheren Besitztümer zu demokratischen, stabilen und prosperierenden Ländern in der EU werden. Denn das wäre ein gefährliches Vorbild für die russischen Bürger. Eine Bedrohung für das Kreml-Regime. Das und kein anderer ist der wahre Grund für den Krieg. Russland ist nicht mit Panzern in die Republik Moldau eingedrungen. Aber es kam mit Propaganda, Desinformation und Netzwerken, die die Wahlen beeinflussen. …. Genau darum geht es jetzt auch bei der Parlamentswahl am 28. September. Dann werden die Bürger der Republik Moldau über ihre Zukunft entscheiden und darüber, wie sich Osteuropa politisch zusammensetzt. Noch nie lag das Schicksal einer ganzen Region in den Händen so weniger Menschen.“
Auf der richtigen Seite der Geschichte
Moldau hat sich den Respekt der EU verdient, betont agora.md:
„Die Anwesenheit der Staats- und Regierungschefs in Chișinău zeigt, welche besondere Aufmerksamkeit die großen europäischen Mächte und wichtigsten regionalen Akteure der Republik Moldau schenken. Auch wenn es ein kleines Land, ohne schwergewichtige Wirtschaft oder Armee ist, hat es die Republik Moldau geschafft, Teil der internationalen politischen Agenda zu sein und den Respekt seiner Partner zu gewinnen. Unser Land hat bewiesen, dass es Sicherheit bieten kann – nicht durch reichhaltige Ressourcen, sondern durch mutige Entscheidungen eines kleinen Volkes, das sich entschieden hat, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen.“
Hier wird mit zweierlei Maß gemessen
Der kremltreue Moskowski Komsomolez wirft der Besuchertroika das gleiche vor, was der Westen Russland anlastet:
„Es kommen dunkle Erinnerungen auf, etwa an die Besuche westlicher Politiker auf dem Euromaidan 2013–2014. Manchen mag es scheinen, dass man dies 'ausländische Einmischung in Wahlen' nennt. Aber aus Sicht der moldauischen Behörden ist dies offenbar eine 'gute' Einmischung. Im Gegensatz zur 'schlechten' Russlands. In Moldau wird man wegen des Verdachts auf Verbindungen zu Russland ins Gefängnis gesteckt. Eine direkte Finanzierung des Wahlkampfs durch die EU oder auch Rumänien ist hingegen völlig zulässig.“
Moskau hat kein Druckmittel mehr
Der Rumänische Dienst der Deutschen Welle merkt an:
„Die Invasion Russlands in der Ukraine und dann der Versuch des Kremls, die Republik Moldau im Energiebereich in die Zange zu nehmen, haben Chișinău dazu gebracht, der wirtschaftlichen Abhängigkeit von Russland ein Ende zu setzen. Die EU stand den Bürgern der Republik Moldau in den schwierigsten Momenten des Krieges im Nachbarland zur Seite. Heute kauft Chișinău keinen Kubikmeter Gas und keine Kilowattstunde Strom mehr von russischen Unternehmen und der Anteil des russischen Marktes am moldauischen Exportvolumen ist auf unter drei Prozent gesunken - von einst über 80 Prozent. Russland hat einfach keinen wirtschaftlichen Hebel mehr, um die Republik Moldau in die Zange zu nehmen.“
Angereiste Unterstützer schwächeln daheim
Das Kräfteverhältnis lässt Kolumnist Pierre Haski in France Inter bangen:
„'Hybride Kriege' sind schwierig zu kontern, vor allem, wenn man sich an demokratische Regeln halten will. Der Test der Wahl am 28. September wird entscheidend sein nach der umstrittenen Abstimmung, die das südlichere Georgien im vergangenen Winter ins russische Lager wechseln ließ. Zudem besteht das Paradox, dass die Europäer, die Moldau verteidigen werden, selbst nicht in bester Verfassung sind: Frankreich steht am Rande einer politischen Krise, Polen ringt mit einer schwierigen politischen Konstellation und Deutschland hat einen schwachen Kanzler. Aus Moskaus Sicht gibt es keinen Grund, von einer potenziellen Beute wie Moldau abzulassen, trotz Maia Sandu und ihren europäischen Freunden.“