Steht eine neue Große Depression bevor?

Erst vergangene Woche prognostizierte der Internationale Währungsfonds wegen der Corona-Pandemie die schwerste Rezession seit der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre. Die damalige Große Depression führte zu Massenarbeitslosigkeit und beförderte die Hinwendung zum Faschismus. Kommentatoren sind uneins, ob nun Ähnliches droht.

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L'Opinion (FR) /

Viel besser geschützt als 1929

Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hat die Coronakrise schon im März mit der Großen Depression von 1929 verglichen. Ökonomin Marie-Françoise Calmette mahnt in L'Opinion zur Vorsicht mit solchen Gegenüberstellungen:

„Milton Friedman hat die Rolle betont, die die Angst bei den selbsterfüllenden Vorhersagen von 1929 gespielt hat. … Heute sind die Antworten auf die Folgen des Coronavirus schon vorbereitet und die Sicherheitsnetze gut ausgebaut. Es geht darum, von einer gewiss tiefen Rezession nicht in eine Große Depression abzugleiten, indem man einen Zusammenbruch des Produktionsapparats verhindert. Auf nationaler Ebene ist der soziale Schutz beachtlich und nicht zu vergleichen mit dem Stand von 1929, der in den USA leider bis heute existiert.“

Corriere della Sera (IT) /

Die Lage ist schlimmer als damals

Kolumnist Antonio Polito hat in Corriere della Sera seine Zweifel, ob die Menschen seit 1929 dazugelernt haben:

„Da die Depression damals in Europa im Faschismus und in der Welt im Krieg endete, ist es mehr als legitim, sich zu fragen, ob die Menschheit in der Zwischenzeit klüger und ihr die Freiheit teurer geworden ist. Die Kombination von Verschuldung und Massenarbeitslosigkeit, die sich anbahnt, führt uns leider zum Pessimismus der Vernunft. ... Die Völker, fast alle, das unsere sicherlich, haben in der Vergangenheit gezeigt, dass sie bereit sind, auf Freiheit zu Gunsten des Wohlstands zu verzichten, besonders wenn sie verzweifelt sind. Aber es gibt noch drei weitere Elemente, die zusammengenommen alles noch schlimmer machen. Das erste ist der Nationalismus. ... Der zweite Element ist der Etatismus. … Das dritte der Anti-Parlamentarismus. “