Pandora Papers: Was tun gegen Steuervermeidung?

Die Pandora Papers zeigen erneut: Politiker, Oligarchen und Prominente weltweit nutzen Steueroasen für heimliche Geschäfte. Die groß angelegte Recherche weist dies etwa Tschechiens Premier Babiš, dem ukrainischen Präsidenten Selenskiy und dem britischen Ex-Premier Blair nach. Ihr Handeln mag verwerflich sein, doch mit dem Finger auf die Ertappten zu zeigen, geht am Kern der Sache vorbei, finden Kommentatoren.

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Polityka (PL) /

Leider völlig legal - auch in der EU

Polityka fordert Veränderungen im System statt einer Diskussion über Einzelpersonen:

„Die in der Untersuchung beschriebenen Vorgänge sind nicht kriminell, sie sind völlig legal. Sie bleiben straffrei, vielleicht bis auf die öffentliche Stigmatisierung. Den Reichen kann eine solche Stigmatisierung jedoch meist egal sein, denn sie können es sich leisten, sie zu ignorieren. Nicht sie sind das Problem, sondern das globale Wirtschafts- und Steuersystem, das solche Geschäfte ermöglicht. Anstatt sich also auf die Milliardenvermögen von Autokraten zu konzentrieren, würde es sich lohnen, sich zu fragen, was die Europäische Union zu dem kaum vorhandenen Steuersystem in Zypern zu sagen hat und warum sie dieses überhaupt toleriert.“

El País (ES) /

Staat holt sich fehlendes Geld bei den Armen

El País verweist auf die Folgen solchen Verhaltens für den Rest der Bevölkerung:

„Nach Angaben des Tax Justice Network beläuft sich die Steuerhinterziehung auf rund 370 Milliarden Euro pro Jahr und entzieht damit dem Sozialstaat wichtige Mittel aus den Steuereinnahmen. ... Was die Steuerhinterzieher nicht zahlen, wird in der Regel durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer kompensiert. Das ist alles andere als progressive Besteuerung, denn die Verbrauchssteuer belastet Geringverdiener stärker. Sie geben fast ihr gesamtes Einkommen zwangsläufig für den Lebensunterhalt aus, weil ihnen so gut wie nichts zum Sparen bleibt. “

Público (PT) /

Es braucht eine Revolte

Ändern wird sich nur etwas, wenn weltweit Druck auf die Steuerparadiese ausgeübt wird, meint Público:

„Geld ist Macht. Wenn diejenigen, die die Macht hätten, den Steueroasen im weltweiten Finanzsystem ein Ende zu machen, davon selbst profitieren, wird es tatsächlich schwierig mit der Hoffnung. ... Einfache Maßnahmen würden ausreichen. Zum Beispiel könnte man den Behörden, die in diesen Rechtssystemen arbeiten, aber die Liste der Letztbegünstigsten und der von ihnen betreuten Vermögenswerte nicht veröffentlichen, die Banklizenzen entziehen. Wir müssen uns bewusst sein, dass die Politiker ohne eine weltweite Revolte gegen diese Zustände nicht geneigt sein werden, zu handeln.“

De Volkskrant (NL) /

Steuerflucht gilt als schlauer Trick

Auch der niederländische Finanzminister Wopke Hoekstra hatte Geld in einer Steueroase angelegt, wie aus den Recherchen hervorgeht. Das war nicht illegal, aber verwerflich, stellt De Volkskrant fest:

„Wichtiger ist auch das größere machtpolitische Bild. Denn wer entscheidet, was in den Niederlanden verboten ist und was nicht? Warum bekommen die Eltern der [Affäre um die Kinderbeihilfen] auf Basis von (ungerechtfertigten) Verdächtigungen die Behörden aufs Dach, während steuerliche Konstruktionen seit Jahren nur als schlauer Trick gelten? Das ist eine Folge davon, wie Gesetze gemacht und ausgelegt werden. Politik, gemacht von Leuten wie Hoekstra. In einer ersten Reaktion betont der Minister, dass er nichts Strafbares getan hat. Genau das ist das Problem.“

Süddeutsche Zeitung (DE) /

Whistleblower und Journalisten schützen

Die Süddeutsche Zeitung macht darauf aufmerksam, dass es nicht in erster Linie die Finanzbehörden sind, die Steuervergehen zu Tage fördern:

„Die Recherchen von unabhängiger Presse sind beim Steuerthema mittlerweile so entscheidend geworden wie in kaum einem anderen Feld. Denn dass immer wieder umfangreiche Datensätze voller interner Dokumente in ihre Hände gelangen, ist bislang die einzige effektive Möglichkeit, das Handeln der Superreichen und Mächtigen in Steueroasen zu entlarven. Journalismus auf Grundlage von Leaks ist so zu einem Ersatz für politisches Handeln und Strafverfolgung geworden. ... Für die neue Regierung sollte also der Schutz von Whistleblowern und Journalisten eine mindestens genauso große Rolle spielen wie das Ringen um neue Steuerabkommen.“

Sme (SK) /

Von Babiš war das zu erwarten

Der Prager Premier Andrej Babiš gehört zu den Prominenten, die durch die Enthüllungen in Bedrängnis geraten - und das ausgerechnet eine Woche vor den Wahlen in Tschechien, wie Sme anmerkt:

„Dass Babiš vor den tschechischen Steuerbehörden Hunderte Millionen auf die Jungferninseln 'umgeleitet' hat, wird niemanden schockieren, weder seine Anhänger, noch seine Gegner. Beide haben ein klares Bild von ihm. ... Dass die betrügerische Transaktion eine Woche vor den tschechischen Wahlen ans Licht kommt, ist ein Zufall, der aber sehr zu begrüßen ist. Schließlich haben die Wähler ein Recht darauf, zu wissen, was das für Politiker sind, die um ihr Vertrauen bitten. “

Le Soir (BE) /

Behörden sollten Beispiel der Medien folgen

Die Medien müssen durch derartige Veröffentlichungen so lange Druck machen, bis endlich auch die Regierungen zusammenarbeiten, meint Le Soir:

„Die Medien, die sich zusammenschließen und engagieren, um diese inakzeptablen Praktiken aufzudecken, sind zweifellos ein Vorbild, dem die Staaten folgen sollten: sich zusammenschließen und engagieren. Ist das nur ein Wunschdenken in einer Welt, in der es - auch zwischen europäischen Staaten - einen Wettbewerb um die niedrigsten Steuern gibt? Zweifellos. Aber ohne politischen Willen und internationale Zusammenarbeit wird es noch viele weitere Lecks geben, die aufgedeckt werden müssen.“

De Tijd (BE) /

Vorbild globale Mindeststeuer

Dass die Veröffentlichungen den politischen Willen anschieben, endlich international greifende Regelungen gegen Steuerflucht einzuführen, hofft auch De Tijd:

„In diesem Jahr haben bereits mehr als hundert Länder eine Grundvereinbarung über die Einführung einer Mindeststeuer für multinationale Konzerne getroffen. Eine ähnliche Initiative, um Schein-Handelsgesellschaften und Steuerflucht von vermögenden Bürgern anzugehen, steht allerdings nicht so hoch auf der politischen Agenda. Doch nur ein breit getragenes internationales Vorgehen kann auch Resultate bringen. Das nützt nicht nur dem Kampf gegen Steuervermeidung, sondern auch gegen das organisierte Verbrechen, Drogenhandel und schwere Korruption.“