Hunger in Gaza: Warum kommt nicht genug Hilfe?
Wegen der katastrophalen Versorgungslage im Gazastreifen erwägt die EU Sanktionen gegen Israel. Doch Berichten zufolge bremsen vor allem Deutschland und Italien solche Pläne. US-Präsident Trump forderte von Israel, mehr Nahrungsmittellieferungen als bisher in das abgeriegelte Gebiet zu ermöglichen. Die Medien erörtern den Grad der Verantwortung sowohl Israels als auch des Westens für die Hungersnot.
Der Verursacher muss das Elend beenden
Es liegt an Israel, eine von ihm selbst verursachte Notlage zu beenden, betont Cyprus Mail:
„Sogar Israels Verbündete sagen, die eskalierende Hungersnot in Gaza sei auf die zweieinhalbmonatige vollständige Blockade des Gazastreifens zurückzuführen, gefolgt von der Monopolisierung der Hilfsverteilung durch die ineffektive, von den USA unterstützte Gaza Humanitarian Foundation (GHF). ... Am Dienstag veröffentlichte die israelische Armee Filmmaterial, das die Hamas bei der 'gewaltsamen Plünderung humanitärer Hilfsgüter' zeigen soll. Dies sind Ablenkungsmanöver. Jeder weiß, dass Israel die Hungersnot in Gaza verursacht hat und nur Israel eine umfassende Hungersnot verhindern kann.“
Ernsthafte Konsequenzen nötig
Le Courrier fordert entschlossene Schritte gegen Israels Vorgehen:
„Wann werden endlich ernsthafte Maßnahmen gegen diese Politik ergriffen? Einst verhängte die Uno ein Embargo gegen das Apartheid-Regime in Pretoria. ... Die Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien führten zu Haftbefehlen gegen beteiligte Führungspersonen. Und als Gaddafi Zivilisten tyrannisierte, machte die internationale Gemeinschaft das Recht auf Intervention gegen ihn geltend. Warum also jetzt eine Annexion Gazas hinnehmen, statt etwa einen Wiederansiedlungsplan für die Bewohner vorzusehen – finanziert durch beschlagnahmte israelische Gelder, so wie es unsere Diplomaten für eingefrorene russische Vermögen infolge der Zerstörungen in der Ukraine fordern?“
Vorsichtiges Deutschland ist ein Bremsklotz
Die EU könnte in Sachen Sanktionen schon weiter sein, betont Aftonbladet:
„Um die ersten EU-weiten Sanktionen gegen Israel zu verabschieden, bedarf es einer qualifizierten Mehrheit, die von mindestens 15 der 27 Mitgliedsstaaten unterstützt wird. Diese Länder müssen mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Wegen seiner Schuld am Holocaust zögert Deutschland, Israel zu kritisieren. Da die Deutschen fast ein Fünftel der EU-Bevölkerung ausmachen, ist es ohne sie praktisch unmöglich, eine qualifizierte Mehrheit zu erreichen. ... Künftige Generationen werden sich schämen, dass die Welt das Leid [in Gaza] nicht verhindern konnte.“
Westliche Eliten schauen weg
Es ist eine unermessliche Schande, dass der Westen nichts unternimmt, meint The Guardian:
„Das absichtliche Aushungern des Gazastreifens durch Israel ist ein Verbrechen, das vor aller Augen geplant und durchgeführt wurde. ... Was haben wir getan? Wenn die westlichen Eliten auch nur einen Funken Schamgefühl hätten, würde ihnen diese Frage den Schlaf rauben. Und die Antwort wäre ganz einfach: Sie haben das Verhungern eines ganzen Volkes ermöglicht. Sie wussten, was vor sich ging, denn 21 Monate lang gab es eine Flut von Beweisen, und der Täter – ihr Freund – prahlte wiederholt vor der Welt mit seinem Verbrechen. Leider werden die Urheber dieses Gräuels von allein keine Rechenschaft ablegen. Das bleibt der Geschichte – und den Gerichten – überlassen.“
Israel trägt nicht allein die Schuld
Der Publizist Viktor Schenderowitsch fordert auf Facebook, weniger einseitig zu urteilen:
„Die humanitäre Katastrophe in Gaza ist eine völlig offensichtliche Sache. Aber es ist schlichtweg eine Niederträchtigkeit, die gesamte Verantwortung für diese Katastrophe Israel aufzubürden und dabei mit keinem Wort ihre menschengemachten Wurzeln und die Hamas als politischen Nutznießer der Katastrophe zu erwähnen. Und das überzeugte 'Völkermord' statt der Wortfügung 'Kriegsverbrechen' – das ist auch eine Niederträchtigkeit. ... Oder eine ungeheure Dummheit, im besten Falle. Aus derartigen 'Details' erwächst eine ungeheuerliche antiisraelische Kampagne in der ganzen Welt – ich fürchte, mit bereits irreversiblen Folgen.“
Heikler Präzedenzfall internationaler Ohnmacht
La-Vanguardia-Meinungschefin Marta Ricart schreibt entmutigt:
„Die Netanjahu-Regierung macht, was sie will, gestützt von der US-Regierung. Sie nutzt die Toleranz vieler Länder aus und auch die Tatsache, dass Trump ein Friedensstifter ist, dem seine Pflichten schnell lästig werden. Macrons Ankündigung, den palästinensischen Staat anzuerkennen, konnte Netanjahu kaum unter Druck setzen. Es war schwierig, Keir Starmer dazu zu bewegen, ihn zu unterstützen. Und angesichts der Weigerung der israelischen Regierung, den Krieg zu beenden, wirkt es wie eine ohnmächtige Geste. ... Die Unfähigkeit der internationalen Gemeinschaft ist überraschend und entmutigend. Sie schafft einen gefährlichen Präzedenzfall und schwächt die Uno.“