G7-Gipfel: Viel Einigkeit, wenig Konkretes?

In Cornwall ist am Sonntag der G7-Gipfel zu Ende gegangen, der 2020 ausgefallen war. Die Hoffnungen auf weitreichendere Beschlüsse zum Klimaschutz und zur Pandemiebekämpfung waren groß, zumal die Staaten sich schon vor dem Gipfel auf eine globale Mindeststeuer für Unternehmen geeinigt hatten. Erfüllt wurden sie laut der meisten Kommentatoren aber nicht.

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The Irish Times (IE) /

Endlich wieder Substanz

The Irish Times findet, die Ergebnisse des Gipfels können sich sehen lassen:

„Der G7-Gipfel war gehaltvoller und bot mehr Substanz als viele frühere Treffen dieses Gesprächsformats. Dass sich die USA in der Gruppe der Multilateralisten zurückmeldeten, ist zu begrüßen. Es gab Zusagen in Höhe von mehreren Milliarden Dollar zur weltweiten Bekämpfung des Coronavirus – mit einer Milliarde Impfstoffdosen für Entwicklungsländer. Bereits vor dem Gipfel wurde ein Abkommen über einen gemeinsamen Ansatz bei der Unternehmensbesteuerung beschlossen. Und die G7 billigten eine westliche Gegeninitiative zu Chinas 'Neuer Seidenstraße'.“

Hospodářské noviny (CZ) /

Europa hat Probleme mit Bidens China-Kurs

Mehr oder weniger uneins blieb der Gipfel in der Haltung gegenüber Peking, konstatiert Hospodářské noviny:

„Laut der Europäischen Handelskammer in China wollen 60 Prozent von 585 befragten europäischen Unternehmen ihre Aktivitäten in China ausweiten. Diese Haltung spiegelte sich in Cornwall in der Vorsicht europäischer Staats- und Regierungschefs wider, insbesondere der scheidenden Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Europäer wollen nicht in eine Situation gedrängt werden, in der sie sich zwischen den USA und China entscheiden müssen. “

Frankfurter Rundschau (DE) /

Papier ist bekanntlich geduldig

Auf die Ankündigung, den CO2-Ausstoß bis 2030 im Vergleich zu 1990 fast zu halbieren, reagiert die Frankfurter Rundschau mit Skepsis:

„Peilt der Länderblock, der fast die Hälfte der weltweiten Wirtschaftsleistung produziert, dies ernsthaft an, ist das ein Wort. Allerdings: Gipfelpapier ist bekanntlich geduldig. Fragt sich, ob die G7 auch konsequent die richtigen Maßnahmen ergreifen, um die 2020er-Jahre zum Klima-Jahrzehnt zu machen. Sie müssen ihre Subventionen in fossile Energieträger nun wirklich radikal auf Null herunterfahren. Das hat die G7 (ohne Trump) schon x-mal angekündigt, aber nie umgesetzt. Und aktuell zeigt sich ja ebenfalls die Kluft: In den Corona-Hilfsprogrammen ist bisher mehr Geld in die fossilen als in die grünen Energien geflossen. Vertane Chance.“

Le Monde (FR) /

Immer noch keine echte Corona-Strategie

Die versprochenen Impfstofflieferungen an Entwicklungsländer sind ebenso unzureichend wie Bidens Vorschlag vom Mai, den Patentschutz auszusetzen, klagt Le Monde:

„Dieser Vorschlag hat einer bedauernswerten transatlantischen Kontroverse über die Vorteile des Teilens von Impfstoff, des Technologietransfers und der Aussetzung des Patentschutzes den Weg bereitet. Dabei sollten all diese Maßnahmen einander ergänzen und Gegenstand einer kohärenten und gemeinsamen Strategie sein. Dass von den innerhalb der kommenden 12 Monate lieferbaren Impfdosen eine Milliarde gespendet wird, stellt weder eine solche Strategie dar, noch macht es aus dem Impfstoff ein 'globales Allgemeingut'. Wenn die G7 sich einer Aufgabe stellen sollten, dann der, den Planeten dank einer gerechten Impfstoffverteilung und -produktion von dieser zerstörerischen Pandemie zu befreien.“

Adevărul (RO) /

Entmutigende und bittere Perspektiven

Auf Initiative von Joe Biden haben sich die G7 auf eine Art Marshall-Plan für ärmere Länder geeinigt – das Projekt Build Back Better World. Das wird China und Russland kaum schmecken, meint Adevărul:

„Eine berechtigte Frage ist, ob solche verschärften Spannungen quasi zur Auflösung der G20 mit China und Russland führen könnten. ... Wie werden sie reagieren? Wie werden sich die kleineren und abhängigeren Länder ausrichten, die, ob sie wollen oder nicht, ins Angebot-Nachfrage-Spiel einsteigen müssen, das global in einer neuen Art von Kaltem Krieg endet? Wenn wir hier gelandet sind, wenn eine Welt folgt, die symbolisch eingeteilt ist in 'unseren Impfstoff/den Impfstoff der anderen', dann sind die Aussichten bitter und entmutigend.“