Hitzewelle in Europa: Wie gegensteuern?

Europa leidet unter Rekordtemperaturen von teilweise weit über 40 Grad. Waldbrände nehmen zu, Gewässer trocknen aus, Ernten verdorren und insbesondere für ältere und kranke Menschen ist die Hitze extrem belastend. Europäische Kommentatoren diskutieren Ursachen und mögliche Gegenmaßnahmen.

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Les Echos (FR) /

Klimaanlagen enttabuisieren

Les Echos bricht in der Diskussion um die richtige Anpassung des Lebens an die Hitze eine Lanze für Kühltechnik:

„Es geht darum, in den Städten Bäume zu pflanzen, Hilfspläne für gefährdete Personen zu erstellen, landwirtschaftliche Anbaumethoden zu verändern, Arbeitsbedingungen zu überdenken usw. … Und ein Tabu gilt es noch zu brechen: Klimaanlagen. … Während sie in den USA weit verbreitet und in China üblich sind, haben sie in Frankreich für privaten und gemeinschaftlichen Wohnraum oder Schulen einen schlechten Ruf. ... Dabei wurden bereits Fortschritte gemacht – und weitere sind möglich –, um die klimaschädlichen Nebenwirkungen zu begrenzen. … Es ist an der Zeit, den Diskurs zu ändern und die Technik anzunehmen, bevor Hitzewellen tödlich werden.“

Süddeutsche Zeitung (DE) /

Erderwärmung ist real und bedrohlich

Die Temperaturen sollten mal wieder alle an den Klimawandel erinnern, schreibt die Süddeutsche Zeitung:

„Doch vielerorts ist das Gegenteil der Fall. ... [Frankreichs Staatspräsident] Macron, [Deutschlands Wirtschaftsministerin] Reiche und viele andere in europäischen Regierungen erklären den Menschen gerade, dass Wettbewerbsfähigkeit und Wirtschaftswachstum wieder Priorität haben. Klimaschutz? Machen wir auch. Darf uns aber nicht am Geldverdienen hindern oder unsere Gewohnheiten stören. Wenn es länger dauert, dauert es halt länger. Doch ausgerechnet jetzt, wie blöd, kommt so eine Hitzewelle daher. ... Diese Woche zeigt wieder, dass die menschengemachte Erderwärmung real und bedrohlich ist. Man muss schon die Augen fest schließen, die Hände auf beide Ohren drücken und die Klimaanlage hochdrehen, um das nicht mitzubekommen.“

Libération (FR) /

Blinder Fleck in der Gesetzgebung

Libération hält ein staatliches Regelwerk für überfällig:

„Die Überhitzung ist total und die Maßnahmen sind unzureichend. ... Unsere Unangepasstheit fordert immer mehr Opfer. Zumal Hitzewellen kein seltenes Phänomen mehr sind, sondern zur Norm geworden sind. Das Alltagsleben kommt zum Stillstand: In mehreren Départements werden Schulen geschlossen, Aktivitäten laufen auf Sparflamme, der Alltag wird nach und nach von einer Hitze aufgefressen, die uns immer mehr belasten wird. ... Das Thema war lange ein blinder Fleck in der öffentlichen Politik, doch in den nächsten Tagen soll der Nationalversammlung ein parteiübergreifender Gesetzentwurf vorgelegt werden. ... Hoffen wir, dass er das Thema voranbringt.“

The Spectator (GB) /

Bevormundung bleibenlassen!

Angesichts von Hitze-Warnungen und Verhaltensappellen sieht sich The Spectator vom Nanny-Staat verfolgt:

„Vielleicht ist all das eine Verschwörung, um die Klimaneutralität zu erreichen. Je mehr wir die Leute angesichts normalen Wetters verunsichern, desto leichter können wir sie dazu bringen, Wärmepumpen und Elektroautos zu kaufen. ... Das größere Problem ist jedoch sicherlich diese schreckliche Abhängigkeit vom Staat, die von der Gesundheits- und Sicherheitsindustrie unterstützt wird. Diese hat sich darauf spezialisiert, uns alle zu infantilisieren. Man fragt sich, was als Nächstes kommt. Der Gesundheitsminister, der uns daran erinnert, bei Regen einen Regenschirm zu benutzen? Uns warm anzuziehen, wenn es schneit? Oder zu trinken, wenn wir durstig sind? Unsere Unterwäsche zu wechseln?“

Trouw (NL) /

Wir brauchen einen grünen Masterplan

Ein gemeinsames Vorgehen für Umweltschutz ist dringend geboten, meint Trouw:

„Eine solide Klimaschutzagenda, auf die die Industrie die nächsten Jahrzehnte bauen kann, ist unverzichtbar. Es darf nicht sein, dass sich die Unternehmenslobby, die sich für die Abschaffung der CO2-Steuer eingesetzt hat, zufrieden zurücklehnen kann. Das können sich die Niederlande weder ökologisch noch wirtschaftlich leisten. ... Ein grüner Masterplan ist notwendig. ... Die EU-Länder müssen ihre industrielle Produktionsstrategie gemeinsam abstimmen, unter Berücksichtigung des Klimas. Dabei müssen Subventionen für fossile Brennstoffe abgeschafft werden.“