Russisches Vermögen: EU-Kommission prüft Optionen
Die Verhandlungen der europäischen Staats- und Regierungschefs über die Verwendung eingefrorenen russischen Vermögens haben einen Minimalkompromiss erbracht. Die EU-Kommission wurde beauftragt, die Möglichkeiten finanzieller Unterstützung für die Ukraine zu prüfen. Insbesondere Belgien hatte Zweifel an der Rechtssicherheit des Zugriffs auf die Gelder geäußert. Erster wichtiger Schritt oder unnötige Zaghaftigkeit?
Ein Anfang
Wenigstens ist ein erster Schritt gemacht, freut sich Corriere della Sera:
„Niemand hatte gestern bereits eine Einigung über den Reparationskredit für Kyjiw erwartet, der mit den eingefrorenen Vermögenswerten der russischen Zentralbank finanziert werden soll, aber auch keine Pattsituation, wie sie sich am Ende des Gipfels abzeichnete. ... Die rechtlichen Zweifel und die von Belgien geforderten Absicherungen fanden aus Sicht des belgischen Premiers Bart De Wever keine angemessene Antwort. ... Man muss das Glas als halb voll betrachten. Denn Belgien hat kein Veto eingelegt, sondern lediglich Klarheit gefordert, wie dies auch von anderen Mitgliedstaaten und der Europäischen Zentralbank zum Ausdruck gebracht wurde, die um den Ruf des Euro fürchtet.“
Noch nie so nah dran
Rzeczpospolita hofft auf einen Durchbruch hinsichtlich der Verwendung eingefrorener russischer Gelder:
„Die Staats- und Regierungschefs der EU waren noch nie so nah daran, der Ukraine die in Brüssel eingefrorenen Vermögenswerte der russischen Zentralbank zu übergeben. Dies würde es den Ukrainern ermöglichen, den Krieg weitere drei Jahre lang zu führen. ... Bis vor kurzem hatten sich Deutschland und Frankreich jedoch gegen den Druck insbesondere Polens und der baltischen Staaten gewehrt, diese Mittel zu verwenden. Sie fürchteten, dass eine Beschlagnahmung dieser Gelder Panik unter anderen großen Investoren außerhalb der EU auslösen würde, die Finanzanlagen in der EU haben. Dies würde zu einer Krise der Eurozone führen und das Vertrauen in die gemeinsame Währung untergraben.“
Für Werte muss etwas riskiert werden
Die Sorge um das Ansehen des Investitionsstandorts Europa hält Der Spiegel für übertrieben:
„Europa würde mit dem Hilfsplan für die Ukraine deutlich machen, dass es in der neuen Weltwirtschaftsordnung, in der zunehmend das Recht des Stärkeren gilt, einen Hort ethischer Verlässlichkeit darstellt. Die EU-Regierungen könnten der Welt zeigen, dass ihnen Moral mehr wert ist als zweifelhafte Geschäfte um jeden Preis. In unsicheren Zeiten ließe sich das zum Standortvorteil wenden. Schließlich würden die Europäer ein wichtiges Signal setzen: Russland, aber auch die USA müssten erkennen, dass Europa bereit ist, für seine Werte und Interessen etwas zu riskieren. Die EU würde sich als Akteur auf der Weltbühne zurückmelden.“
Neue Finanzierungsquellen nötig
Helsingin Sanomat hofft auf eine rasche Freigabe der eingefrorenen Gelder:
„Die EU-Staaten haben die finanziellen Mittel und den politischen Willen, die Ukraine zu unterstützen, aber die Fortsetzung dieser Unterstützung ist auf lange Sicht ungewiss. Die militärische Hilfe für die Ukraine wurde deutlich reduziert und die USA lassen sich ihre Waffenlieferungen von den europäischen Ländern bezahlen. … Der Krieg ist für Europa teuer. Für die Unterstützung der Ukraine sind neue Finanzierungslösungen erforderlich und deshalb ist es dringend notwendig, die eingefrorenen russischen Gelder für die Ukraine freizugeben.“