USA: Mord an rechtskonservativem Aktivisten Kirk

Der rechtskonservative US-Podcaster und Aktivist Charlie Kirk ist bei einem Auftritt in einer Universität im Staat Utah erschossen worden. Kirk stand US-Präsident Trump nahe und war Gründer der Organisation Turning Point USA (Wendepunkt USA), die in Schulen und Hochschulen aktiv ist. Ein 22-Jähriger wurde als Tatverdächtiger festgenommen. Kommentatoren debattieren über die Gefahren unversöhnlicher Polarisierung.

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T24 (TR) /

Eine Tat, die die Welt spaltet

Die gesellschaftliche Polarisierung verschärft sich immer weiter, beobachtet T24:

„Die Ermordung von Charlie Kirk während einer Rede bei einer Universitätsveranstaltung hat nicht nur die USA, sondern auch Europa gespalten. In der Sitzung des Europäischen Parlaments am 11. September wurde [kurzzeitig eine von der Sitzungsleitung abgebrochene] Schweigeminute zum Gedenken an Kirk abgehalten. Insbesondere Abgeordnete der linken Fraktion im Parlament weigerten sich, sich der Schweigeminute anzuschließen. ... Bemerkenswert ist, dass es in den USA neben denjenigen, die Kirk verteidigen, auch jene gibt, die der Meinung sind, dass er 'den Tod verdient habe'. Eine Spaltung dieser Größenordnung ist ein Zeichen dafür, dass sich die Polarisierung in der amerikanischen Gesellschaft weiter verschärft hat.“

Naftemporiki (GR) /

Worte werden zu Waffen

Naftemporiki analysiert:

„Eine Kugel mit der Aufschrift 'Hey fascist! Catch!' wurde in der Waffe des mutmaßlichen Mörders von Charlie Kirk gefunden. ... Das Wort als Waffe. In den USA auf einer Patronenhülse, in Griechenland in Social-Media-Threads oder in Fernsehtalks: Der 'Faschist' ist zu einem Wort – einer Waffe – geworden, das immer dann genannt wird, wenn keine Argumente mehr vorhanden sind. Und jedes Mal, wenn es benutzt wird, verliert es ein Stück seiner ursprünglichen Bedeutung, gewinnt aber an Toxizität. Die Tragödie um Charlie Kirk ist vielleicht der eindringlichste Weckruf. Denn wenn eine gravierte Kugel nicht ausreicht, um uns daran zu erinnern, wie gefährlich Sprache werden kann, was dann?“

Index (HU) /

Auch der politische Gegner verdient Respekt

Ungarn sollte seine politische Kultur überdenken, meint der ehemalige liberale Abgeordnete und Minister Gábor Fodor in Index:

„Ich hoffe, dass die tragische Ermordung von Charlie Kirk die streitenden Parteien dazu bewegt, mit der Dämonisierung ihrer politischen Gegner aufzuhören. Wo die eine Seite im Falle ihres Sieges die andere ins Gefängnis schicken will und die andere Seite ihre Gegner als Heimatverräter und ausländische Agenten brandmarkt, können extremistische Menschen leicht zu Gewalt greifen, weil sie glauben, dass die Welt untergeht, wenn nicht ihre Partei gewinnt. Ein normales öffentliches Leben in unserem Land wird es also erst dann geben, wenn wir endlich so weit sind, dass wir feststellen können: Auch mein politischer Gegner dient den Interessen des Landes, nur stimme ich ihm nicht zu.“

Weekendavisen (DK) /

Hybris moralischer Überlegenheit

Nahezu hoffnungslos blickt Weekendavisen auf die USA:

„Der Mord an Charlie Kirk ist auch ein Symbol für ein sterbendes Amerika. ... Auf beiden Seiten beharrt man darauf, die ultimative moralische Oberhand zu haben. Charlie Kirks Botschaft war, dass weiße Männer Opfer sind, unterdrückt von Minderheiten und Frauen. Auf der linken Seite ist es dieselbe Geschichte, nur mit umgekehrtem Vorzeichen. Beide Seiten sehen sich als machtlos, aber moralisch überlegen und kämpfen für eine Gerechtigkeit, die größer ist als die demokratischen Institutionen des Landes. ... Obwohl Charlie Kirk dazu beitrug, die Kluft zwischen den Bevölkerungsgruppen zu vergrößern, versuchte er auch, eine Brücke zu den Gegnern zu bauen, und bezahlte dafür mit seinem Leben.“

Irish Independent (IE) /

Langer Blick in den Spiegel täte not

Das Schulterzucken, mit dem Kirks politische Gegner reagieren, findet Irish Independent furchtbar:

„Obwohl sie die Gelegenheit hatte, konnte es die radikale Linke letzte Woche nicht über sich bringen, sich über die politischen Gräben zu erheben und die gemeinsame Bande der Menschheit zu betonen. Es fehlte ihr schlicht an der nötigen Geistesgröße. Wenn das Blut eines jungen Vaters vergossen wurde, weil er seine konservative Weltanschauung zu deutlich zum Ausdruck gebracht hat – und das auf einem Universitätscampus, wo provokante Ideen eigentlich geschätzt werden sollten –, dann muss jeder, der nicht die Kraft aufbringen konnte, darüber so schockiert zu sein, wie es jeder anständige Mensch sein sollte, nun einen langen Blick in den Spiegel werfen.“

Die Presse (AT) /

Verteidiger der Aufklärung müssen Argumente liefern

Man kann Kirks Positionen zurückweisen und doch etwas von ihm lernen, schreibt Die Presse:

„Bei Teilen der Jugend war Charlie Kirk weltweit deshalb beliebt, weil er die Auseinandersetzung mit Andersdenkenden suchte. ... Er wagte sich für Debatten immer wieder auch auf Universitäten in ideologisches Feindesland, um dort in aller rhetorischen Schärfe seine rechten Positionen zu verfechten. ... Viele seiner Positionen waren antiwissenschaftlich und antiaufklärerisch. Doch wer die Aufklärung verteidigen will, muss Argumente liefern, wissenschaftliche Begründungen darlegen und letztlich auch das Wesen der Menschenrechte erklären. ... Wenn man etwas von Charlie Kirk lernen kann, dann seine unermüdliche Diskussionsbereitschaft. Wer bloß dämonisiert und abkanzelt, hat keine Chance zu überzeugen.“

De Volkskrant (NL) /

Mit Politik hat das nichts mehr zu tun

De-Volkskrant-Kolumnist Sander Schimmelpenninck sieht einen zunehmenden Verlust an Fähigkeit zu Empathie und Differenzierung:

„Die Art und Weise, wie mit Weltnachrichten im Zeitalter der sozialen Medien umgegangen wird, ist ebenso lächerlich wie abstoßend. Jegliche Menschlichkeit und Nuancierung verschwindet durch steuernde Algorithmen und es gibt kaum noch eine Verbindung zwischen den Emotionen der Nutzer und den Fakten. Die virale Empörung von Menschen, der unbändige Hang, alles auf sich selbst zu beziehen, und die Schuldzuweisungen: Alles, um die menschliche Leere mit einem Online-Club-Feeling zu füllen. Mit Politik hat das schon lange nichts mehr zu tun.“

Neue Zürcher Zeitung (CH) /

Er konnte Massen bewegen

Die Neue Zürcher Zeitung erklärt die Bedeutung Kirks im rechtskonservativen Lager der USA:

„Dass Donald Trump 2024 erstaunlich viele junge Wähler erreichen konnte, verdankt er – wie der Präsident selbst sagte – einem Mann: Charlie Kirk. Der charismatische Schnellredner hat eine Bewegung aufgebaut, die den Jungen den Konservatismus schmackhaft machte, mit bombastischen Partys, poppigen Musik-Playlists und natürlich Kirks Brandreden gegen die Linken, die Ausländer, die Transmenschen, für die traditionelle Familie, die Bibel, die Eigenverantwortung, den Make-America-great-again-Patriotismus. Seine Organisation ist an 850 Colleges präsent. Millionen folgten ihm, verehrten ihn.“

NRC (NL) /

Trump schürt das Feuer noch

US-Kenner und Journalist Frans Verhagen verurteilt Trumps Reaktion und prophezeit in NRC eine Eskalation:

„Trump selbst schürte den Hass weiter, indem er die radikale Linke beschuldigte. ... Ich denke, ein solcher Moment [der blutigen Konfrontation von Militär und Demonstranten] ist unvermeidlich, und dann wird der Präsident das ausnutzen, um das ganze Land unter Kriegsrecht zu stellen und den Rechtsstaat außer Kraft zu setzen. Politische Führer sollten stattdessen diejenigen sein, die das Feuer eindämmen und das Land zusammenhalten. Der einzige, der das im Amerika von 2025 tun kann, Präsident Trump, versagt in seiner Pflicht.“

Le Soir (BE) /

Desaströse Auslegung von Meinungsfreiheit

Die USA müssen überdenken, wie weit das Recht auf freie Rede gehen darf, rät Le Soir:

„Man kommt nicht umhin, die uneingeschränkte Meinungsfreiheit, die im Ersten Zusatzartikel der amerikanischen Verfassung verankert ist und Rassismus sowie Anstiftung zu Hass und Antisemitismus keine Grenzen setzt, in Frage zu stellen, denn in unseren Ländern existieren diese 'Grenzen'. Diese Meinungsfreiheit erlaubt Exzesse, Lynchmorde und Stigmatisierungen.“

Politiken (DK) /

Lähmung des Landes ist zu befürchten

Der Mord an Charlie Kirk könnte auch außenpolitische Folgen haben, fürchtet Politiken:

„Was Trump und die Maga-Bewegung übersehen, ist, dass die Gewalt oft von rechten Gruppen und Einzelpersonen ausgeht. Erst im Juni wurden die demokratische Politikerin Melissa Hortman und ihr Ehemann von einem Täter getötet. ... Dies sollte nicht als Relativierung des Kirk-Mordes verstanden werden. Vielmehr spiegelt es ein Amerika wider, das, in den Worten des Wall Street Journal, eine gespaltene Nation ist, die Gefahr läuft, noch gespaltener zu werden. Es könnte sogar zu einer politischen Lähmung führen, die die Fähigkeit der Vereinigten Staaten untergräbt, mit einer Welt im Aufruhr umzugehen.“