Fridays for Future geht weltweit auf die Straße

Laut der Bewegung Fridays for Future haben sich vergangenen Freitag mehr als vier Millionen Menschen in über 160 Ländern am Klimastreik beteiligt. Sie forderten die Politik auf, die im Pariser Klimaabkommen beschlossenen Ziele einzuhalten. Greta Thunberg demonstrierte in New York mit, wo ab dem heutigen Montag der UN-Klimagipfel stattfindet. Können die Protestler etwas ändern?

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Dnevnik (BG) /

Den Kindern das Zepter überreichen

Da die Erwachsenen die Kinder nicht retten können, müssen diese es selbst tun, findet Dnevnik:

„Wir im 20. Jahrhundert Geborenen haben weder ein gutes Erklärungsmodell noch starke Hypothesen, die vorhersagen, was mit einem Planeten mit neun Milliarden Menschen geschieht, die sich in Nationalitäten, Kulturen, Religionen, wirtschaftliche Prioritäten und Informationsblasen in den sozialen Medien spalten. Das Einzige, was wir haben, sind veraltete Hypothesen. … Unsere Kinder sind jedoch fähig, die Lösungen der Gegenwartsprobleme zu finden und eine Antwort auf die Frage: Was folgt? Damit sie das tun können, müssen wir aber aufhören, ihnen beruhigende Gute-Nacht-Geschichten aufzutischen. Wir müssen die Probleme beim Namen nennen, unsere eigene Unwissenheit zugeben und ihnen das Zepter überreichen.“

Naftemporiki (GR) /

Bewegung darf sich nicht vereinnahmen lassen

Fridays for Future muss wachsam bleiben, mahnt Naftemporiki:

„Nach wie vor besteht die Gefahr, dass die vielversprechende Bewegung zu einer 'Mode' verkommt, die Politiker und Geschäftsleute ausnutzen, um zu zeigen, dass sie 'trendy' sind. Doch die Millionen junger Menschen, die die Straßen der Weltstädte überflutet haben, haben einige von uns an unsere eigene Jugend und den anhaltenden Drang nach einer besseren und gerechteren Welt erinnert.“

La Tribune de Genève (CH) /

Panikmache nicht übertreiben

Nach der Jugend verschärfen jetzt auch Politiker wie UN-Generalsekretär Guterres und Wissenschaftler ihre Warnungen vor der Erderwärmung. Panikmache sollte wohldosiert werden, mahnt La Tribune de Genève:

„Bringt uns Panik zum Handeln? Sagen wir, es ist ein effizientes Kommunikationsinstrument. Ansonsten sorgt sie vor allem für Agitation und Chaos beim Handeln. Gefährlicher noch: Durch apokalyptische Perspektiven ausgelöste Panik kann zu einem Gefühl der Ohnmacht, zu Resignation und Tatenlosigkeit führen. Reisen, trinken und schlemmen wir weiter, so lange es noch geht, lautet die Devise der Verurteilten, wenn sämtliche Hoffnung geschwunden ist. Das ist eine der Gefahren, die aus der diesjährigen Mobilisierung für das Klima hervorgegangen ist. Wir wären gut beraten, ein wenig in Panik zu verfallen, ohne jedoch zu erstarren.“

Õhtuleht (EE) /

Der Planet existiert auch ohne Menschen weiter

Journalist Taavi Libe sucht in Õhtuleht nach Möglichkeiten, wie die Klimakatastrophe noch aufzuhalten ist:

„Für den Planeten Erde und all seine Bewohner wäre es wesentlich gesünder gewesen, wären wir Menschen in den Höhlen geblieben. ... Unsere Zivilisationen und Kultur sind von Beginn an das Ergebnis von Egoismus und dem Leben auf Kosten der anderen. ... Vielleicht sollten wir die Rettungsoperation umformulieren? ... Wir müssen nicht handeln, um den Planeten zu retten. Der Planet Erde tritt ein in die nächste Phase, in der er ohne Menschheit weiter existiert. Das Hauptziel der Menschen in der Rettungsoperation müsste sein, egoistisch zu handeln und sich selbst zu retten. Wenn diese Botschaft laut und klar in die Massen kommt, dann besteht vielleicht Hoffnung.“

eldiario.es (ES) /

Die beste Generation, die es je gab

Gastautorin Nieves Rey, selbst Umweltaktivistin, fordert die Leser von eldiario.es auf, sich den heutigen Klimastreiks anzuschließen:

„Mit unserem Planeten geht es zu Ende. Das zeigt der jüngste IPCC-Bericht. ... Wir haben die beste Generation, die es je gab, die uns mit ihren Demos zeigt, dass es auch anders geht. Und ihre Forderung ist das beste Beispiel dafür, dass die Zukunft des Planeten davon abhängt, ob wir Umweltthemen effektiv ins Bildungssystem einbinden. Sie sind in einer Gesellschaft mit Umweltbewusstsein geboren, haben die realen Gefahren für die Erde erkannt und Verantwortung für die Natur übernommen. ... Ein Engagement, das Hoffnung macht und das ansteckt: Wir sollten sie in diesem Kampf nicht allein lassen. Das ist unsere beste Investition in die Zukunft.“

Lidové noviny (CZ) /

Wir sind doch nicht Franz von Assisi

Lidové noviny lobt das Engagement junger Menschen, warnt sie aber vor Übereifer:

„Jugendliche Begeisterung neigt dazu, alles bisher Ungelöste sofort lösen zu wollen. Doch wollen wir allem entsagen, wie der Heilige Franz von Assisi? ... Man muss nicht vegetarisch leben, kann aber den Fleischkonsum einschränken. Unsere Vorfahren aßen ein oder zwei Mal in der Woche Fleisch und schätzten es mehr. Wir müssen nicht jeden Weg mit dem Auto zurücklegen, können auch laufen. Ob ein solcher Kompromiss ausreichen wird, den Planeten zu retten? Das wird man sehen. Aber dieser goldene Mittelweg mit bewusster Bescheidenheit und mit gewissem Verzicht ist sicher besser zu gehen als ein Weg, der selbst für den heiligen Franziskus nur schwer zu bewältigen gewesen wäre.“

The Economist (GB) /

Kapitalismus ist die Lösung, nicht das Problem

Der Kapitalismuskritik einiger Umweltschützer setzt The Economist entgegen:

„Es wäre falsch und schädlich, zu dem Schluss zu kommen, dass dem Kapitalismus wegen des Klimawandels Fesseln angelegt werden sollten. Die freien Märkte haben den Volkswirtschaften, die in den vergangenen hundert Jahren Gestalt angenommen haben, Dynamik, Innovation und Anpassungsfähigkeit gebracht. Marktwirtschaften sind die Quellen, die genau das hervorbringen, was der Klimawandel erfordert. Auf Konkurrenz basierende Märkte, die die richtigen Anreize bieten, und Politiker, die auf die Forderungen der Bevölkerung reagieren, können mehr als jedes andere System das liefern, was nötig ist, um eine zusätzliche Erderwärmung so weit wie möglich zu begrenzen und um mit jenen Folgen fertig zu werden, die nicht mehr zu verhindern sind.“

Ouest-France (FR) /

Klimaschützer gefährden die Demokratie

Die Haltung der jungen Protestler ist riskant für die Demokratie, mahnt Autor Jean-François Bouthors in Ouest-France:

„Die Dringlichkeit legitimiert in ihren Augen den Verstoß gegen das Gesetz. ... Um die Erde zu retten, müssen wir bereit sein, im Gefängnis zu landen, versichern sie. Die Aussage kann lobenswert erscheinen, nach Art von Gandhi. Aber diese politische 'Mystik' - der man nicht nur im Bereich Umweltschutz begegnet - birgt in ihrem Innersten sämtliche Exzesse, insbesondere die Möglichkeit, der Demokratie den Rücken zu kehren, da deren Langsamkeit sie disqualifiziere. Und das ist nicht die kleinste Gefahr der Umweltkrise.“

Polityka (PL) /

Die Proteste zeigen bereits Wirkung

Polityka freut sich wiederum, dass die Klimaproteste politische Konsequenzen haben:

„Der Aktivismus wird schnell zu einer Quelle politischer Energie, wie die diesjährigen Wahlen zum Europäischen Parlament deutlich gezeigt haben. Einige Monate zuvor befürchteten Kommentatoren, dass Europa von einer braunen Welle und einer Zunahme der rechtsextremen Kräfte bedroht sei. Braun verlor jedoch gegen grün. ... Die Auswirkungen dessen sehen wir bereits in den Ankündigungen und konkreten Entscheidungen von Ursula von der Leyen, der Präsidentin der Europäischen Kommission. In den ersten hundert Tagen ihrer Amtszeit soll eine neue grüne Ordnung entstehen, die Fragen des Klimaschutzes und des ökologischen Wandels erhalten oberste Priorität.“

Der Tagesspiegel (DE) /

China und Russland sind die wahren Sünder

Die Klimaaktivisten in Europa wenden sich an die falsche Adresse, bemängelt Der Tagesspiegel:

„In Deutschland und in Europa sinkt der Ausstoß der schädlichen Treibhausgase seit Jahren, um rund 23 Prozent im Vergleich zu 1990. ... In China haben sich die Emissionen seit 1990 vervielfacht. Die mit Abstand größte Emissionswirtschaft des Globus hat nicht einmal die Absicht, das rasch zu ändern. ... Warum ist das eigentlich hinnehmbar, dass Chinas Anteil an Treibhausgasen wesentlich höher ist als sein Anteil an der Weltwirtschaft? ... In Russland fällt die Diskrepanz zwischen Anteil an der Weltwirtschaft (drei Prozent) und an den Emissionen (fünf Prozent) noch schlimmer aus als in China. ... Warum also protestieren die Berliner Schüler und ihre Mitstreiter nicht vor der chinesischen und der russischen Botschaft?“

Avvenire (IT) /

Nur informierte Verbraucher können die Welt retten

Klimaschutz geht nicht ohne die Verbraucher, führt Avvenire aus:

„Sie müssen angesichts der Notlage, in der sich die Umwelt befindet, in die Lage versetzt werden, dank Innovationen immer umweltfreundlichere Produkte oder Dienstleistung mit geringeren Auswirkungen auf das Klima auswählen zu können. Doch dazu bedarf es auch transparenter Informationen und Zertifizierungen, die absolut zuverlässig sein müssen. ... Das wäre eine sachgerechte Entwicklung, zu der die 'Samstage für die Zukunft', die Samstage des kritischen und verantwortungsbewussten Konsums führen sollten, die sich nach den 'Fridays for Future' immer mehr verbreiten. Sie müssen dazu beitragen, ein wachsendes Bewusstsein für tugendhaftes Klima-Verhalten zu entwickeln.“

Krytyka Polityczna (PL) /

Was wir angesichts der Katastrophe tun können

Wenn es vor der Klimakatastrophe ohnehin kein Entrinnen gibt, sollten die Menschen wenigstens versuchen, das Beste aus sich herauszuholen, findet Krytyka Polityczna:

„Da wir wissen, wie wenig Zeit wir haben, denken wir nicht nur darüber nach, wie wir die Entstehung neuer Kohlegruben und Kraftwerke stoppen können. Wir fragen uns angesichts der bevorstehenden Katastrophe auch, wie wir den Rest unseres Lebens verbringen sollen. ... Es lohnt sich, schon heute Mitgefühl zu kultivieren, noch bevor die unsichtbare Hand des freien Marktes unsere Kehlen zusammenschnürt. Wir können den Planeten auf diese Weise vielleicht nicht retten, aber wenn eine Gemeinschaft überlebt, werden die Menschen, die darin leben, vielleicht netter zueinander sein.“